Prepare!
Bald geht’s los! Seit Anfang Februar bin ich von Vorfreude auf die ultimative Vorbereitungszeit ergriffen. Ein weiser Mensch beginnt bereits ab Septuagesima damit, seine Bedürfnisse und seinen Konsum langsam zurückzuschrauben, kramt fromme Andachtsbücher hervor und überlegt sich Gebetsplan und Fastenvorsätze für die bevorstehende Bußzeit. Ich versuche, mich prophylaktisch mit möglichst viel Wurst, Schokolade und Butter vollzustopfen, um mit den angefutterten Reserven durch meine traditionell ambitionierten “Jetzt zeigen wir aber mal den Orthodoxen, dass Katholiken keine verweichlichten Jammerlappen sind”-Fastenvorsätze zu kommen. Über das viele Essen vergesse ich, meine spirituellen Übungen zu durchdenken und so lande ich unvorbereitet wie eh und je im Aschermittwoch und habe keinen Plan.
Aber – hey – es muss nicht so sein! Dieses Jahr könnte ich ja mal wieder darüber nachdenken, wie sinnvolles Fasten aussieht. Dazu könnte ich mir z.B. meine eigenen Blogbeiträge über das adventliche Fasten hier und hier durchlesen. Ich könnte mir einen maßvollen Gebetsplan zurechtlegen und mir eine gute geistliche Lektüre vornehmen!
Fastenzeit ist meine liturgische Lieblingsjahreszeit. Viele finden das seltsam, aber ich war ja mal Protestant, und die Nüchternheit der Fastenzeit kommt wenigstens annähernd an die freudlose Calvinistenexistenz heran (das war ein Scherz). Im Ernst: Fastenzeit enthebt uns so vieler Mühen! Vierzig Tage lang wird das Leben von Umkehr und Buße geregelt. Dein Wille und dein Egoismus überlassen den beiden das Ruder und sie ordnen alles ganz zwanglos nach Gottes Willen. Das ist Seelenwellness. Vierzig Tage lang wird nichts gekauft, was nicht dringend notwendig ist, nichts gegessen, was nicht vegan ist, nichts getan, was nicht in Ordnung ist. Vierzig Tage lang kann man ein bisschen Einsiedler sein mitten in der Welt, kann mit Jesus in der Wüste herumsitzen und sich an ihn anlehnen. Der ganze überflüssige Kladderadatsch, den man über’s Jahr in der Seele ansammelt, wird hinausgefegt, und am Ende ist man bereit, in reinster Osterfreude über das Osterfrühstück herzufallen.
Praxistipps:
- Lest ein geistliches Buch.
- Betet jeden Freitag den Kreuzweg: Es gibt lange komplexe (Benedikt XVI.) und kurze volkstümliche (Guardini), aber wer ein bisschen Übung hat, kennt die Stationen bald auswendig und kann ganz ohne schriftliche Vorlage über den Kreuzweg meditieren. Das Jahr, in dem ich es geschafft habe, diese Übung nach Ostern wiederaufzunehmen und an (fast) jedem Freitag im Jahr durchzuziehen, war eines der geistlich fruchtbarsten meines Lebens. Es gibt nichts besseres, als Christi Leiden immer wieder in Ruhe zu betrachten!
- Seid nicht zimperlich mit euch selbst. Wir sind keine Nomaden und die wenigsten von uns verrichten schwere körperliche Arbeit. Wenn Fasten, dann Fasten! Es ist erstaunlich, wie viel Energie frei wird, wenn man weniger Zeit mit Essen verbringt!
- Die ganze Kirche, die ganze Christenheit fastet. Ihr könnt euch also sicher sein, dass ihr in Gemeinschaft mit unzähligen Menschen seid. Das ist gut zu wissen: Ihr seid nicht allein!
- Plant viel Gebetszeit ein. Geht öfter in die Kirche und verweilt bei Jesus.
- Social-media-Fasten ist eine wunderbare Angelegenheit, aus verschiedenen Gründen aber nicht für jeden praktikabel. Man kann aber trotzdem überlegen, weniger in sozialen Medien herumzugeistern, und z.B. nur morgens und/oder abends für eine fest begrenzte Zeitspanne online zu sein.
- Meine Lieblingsbetrachtung: Die Oratio rhythmica des Arnulf von Löwen. Ein wunderbares betrachtendes Gedicht, das in je zehn Strophen die Füße, die Knie, die Hände, die Brust, die Seite, das Herz und das Haupt des gekreuzigten Heilands besingt. Gibt es in Auszügen musikalisch verarbeitet von Buxtehude als “Membra Iesu nostri” (übrigens keineswegs eine katholische, sondern eine lutherische Andachtsmusik – Leiden Christi, das können sie, die Prots). Leider sind alle Aufnahmen, die ich im Netz gefunden habe, zu schnell und belanglos, also, selbst Chorleiter davon überzeugen, das zu machen. Übrigens gibt es das Ganze hier auch mit deutscher Übersetzung – leider im Lateinischen voller Fehler.
- Last but not least: Geht beichten! Am Besten gleich am Aschermittwoch, um sauber und aufgeräumt in die Fastenzeit zu starten, und dann in der Heiligen Woche, um optimal für das Osterfest gerüstet zu sein
- Post last but not least: Vergesst nicht, dass am Karfreitag die Novene zur Göttlichen Barmherzigkeit beginnt. Der Barmherzigkeitsrosenkranz ist so kurz, dass diese Novene sogar für mich machbar ist, und das will etwas heißen!
Und dann? Wenn man sich gut vorbereitet hat auf das Fest der Feste? Dann sucht euch ein oder zwei Dinge, die euch besonders gut getan haben, und haltet an dieser Sache fest. Wenn man etwas vierzig Tage lang getan (oder nicht getan) hat, dann hat man sich bereits daran gewöhnt. Es liegt also an uns, nach der Osteroktav den Freitag wirklich als kleinen Karfreitag mit Fasten zu begehen, diese oder jene Übung (s.o.) weiter zu betreiben, den täglichen Besuch beim Allerheiligsten weiterzuführen. Die Fastenzeit kann uns das ganze restliche Jahr eine Richtschnur und ein Helfer sein, um länger in der Osterfreude zu verweilen. Wer gut fastet, kann danach besser feiern. Versprochen!
Ich würde allerdings tendenziell widersprechen und sagen:
1. von solchen Dingen, die man sich nicht traut ausdrücklich unter Sünde vorzunehmen, sollte man sich nicht zu viel vornehmen. Sünden kann man beichten; sonstige Vorsätze gibt man irgendwann aus Verzweiflung auf und hernach ist es schlimmer, als wenn man nicht gleich so viel Anspruch hatte.
2. Mit der Kritik der Orthodoxen kann ich leben. Wenn es eine unter schwerer Sünde verbietende (die sind nämlich einfacher als die gebietenden) allgemeine konkrete Vorschrift gibt, dann wird sie auch eingehalten; klare Sache und damit hopp; with all due respect to general human frailty: das krieg sogar ich hin. Aber wir haben die, mit Verlaub, eigentlich schwierigere Aufgabe, außer an Aschermittwoch und Karfreitag (wo der Fall klar ist) und den Sonntagen (wo wir gar nichts müssen) immer n bißchen was zu tun, dessen Ausmaß wir dann aber selbst bestimmen.
(Es ist übrigens niemand verpflichtet, das gut zu finden – cum grano salis: das gut zu finden, daß *so viel* von uns verlangt wird und wir nicht einfach eine klare Anweisung wie bis Anfang der 1960er bekommen, mag sie auch physisch nach Härterem klingen.)
3. Wenn wir wenigstens körperliche Arbeit verrichten würden! Wer körperlich arbeitet, kann sein Essen quasi bis zum Anschlag herunterfahren und dann, wenn es nicht geht, der Arbeitsfähigkeit wegen, dann ißt er halt wieder was und alle Kirchengesetze der Welt sagen, daß er das darf, und zwar ausdrücklich. Der geistig Arbeitende, obendrein noch immer mal wieder ohnehin pausierende, hat es da merklich schwieriger.
Ich werde jedenfalls in der Fastenzeit ganz entschieden bis zum Anschlag des kirchlich Erlaubten zimperlich mit mir sein. Es wäre etwas anderes, wenn es mir momentan situationsmäßig besser ginge und ich mit einem gesicherten Arbeitsplatz, einem klaren Tagewerk vor mir jeden Tag und der Muße, abends noch ne Stunde was extra zu machen, dastünde, und es wäre ebenfalls etwas anderes, wenn ich alle Brücken hinter mir abgerissen, nach dem Jetzt-ist-eh-alles-egal-Prinzip leben könnte (und mich bei alten Bekannten grundsätzlich nicht mehr blicken lassen würde etc.), aber keines von beiden ist der Fall.
4. Auch dann aber würde ich sagen: Eine Praxis aus der Fastenzeit übernehmen kann sich zufällig so ergeben; als erwünschter Nebeneffekt, gewiß, das ist klar. Der eigentliche Sinn des Fastens ist aber – auch in einer idealen Situation – gerade nicht das „Verbessern des eigenen Tugendniveaus“, sondern das Aufopfern des an sich Erlaubten.
[Wenn die angesprochene Zimperlichkeit nicht im Weg steht, versuch ich’s persönlich wieder mit old-style-Fasten, also täglich abbrechen, wenn auch großzügiger als am Aschermittwoch, und zusätzlich hauptsächlich fleischlos. Aber von den Praktiken, auch wenn’s klappen sollte, werde ich nach Ostern ganz sicher keine beibehalten.]
Nun, zuerst einmal widerspricht ja das Meiste von dem, was ich schrieb, nicht dem, was du schreibst. Es sind einfach andere Aspekte, die ich hier nicht in den Vordergrund stelle. Vor allem auf den letzten Punkt bezogen: NATÜRLICH ist Fastenzeit in erster Linie das Aufopfern von Erlaubtem. Aber darum geht es mir ja nicht. Und ich sage auch nirgends, dass dem NICHT so sei. Es geht mir darum, wie die Fastenzeit DARÜBER HINAUS geistlich fruchtbar werden kann. Und aus dem Aufopfern entsteht eben geistliche „Energie“ (zumindest ist das meine Erfahrung) und es ist eben gut, wenn die NACH der Fastenzeit nicht verpufft oder wieder in Kalorien umgesetzt, sondern weiter genutzt wird, und so das ganze Jahr bereichert. Ich meine also vielmehr: Der Geist des Aufopferns kann zum Teil in die Zeit des Jahres (natürlich erst nach ausgiebigem Feiern 😉 ) übernommen werden, schließlich soll das ja die EIGENTLICHE Haltung des Christen sein, jeweils angemessen dem Stand und der Zeit. Mir geht es hier um ganz Praktisches. Z.B. werde ich, je später das Jahr, desto lascher in meiner wöchentlichen Fastenpraxis. Und obwohl es REICHT, freitags auf Fleisch zu verzichten, meine ich, dass man vielmehr den eigentlichen GEIST dieses Verzichts vor Augen haben sollte. Und da eben die Einstellung aus der Fastenzeit zu übernehmen, ist eben besser, als gemeinsam am Tisch zu sitzen und zu stöhnen „Ach jaaaaa, heute ist ja Freitag“. Oder eben auch die Einstellung, das Leiden Christi eingehender zu betrachten auch im Jahr. Da sehe ich jetzt ehrlich gesagt so überhaupt keinen Punkt für Widerspruch ;).
Zum ersten / zweiten Punkt: Deinem Gedankengang kann ich nicht zustimmen. Es mag ärgerlich sein, einen Vorsatz lassen zu müssen, weil er zu ambitioniert war, aber das, was du schreibst, geht in die Richtung „dann lieber sündigen“, und das kann ja nun nicht stimmen ;). Klar, „zu viel“ sollte man sich niemals vornehmen, aber das muss man erst mal schaffen. Ich habe bisher wenige Leute kennengelernt, die sich einen ordentlichen Fastenvorsatz machen. Normalerweise höre ich nur, dass es ja VIEL zu hart sei, etwa komplett auf Süßes oder Fleisch zu verzichten, und da muss ich (sorry) einfach sagen Wie bitte? Wenn das so ist, dann sollte man sich Stück für Stück darin üben! Man muss ja nicht alles sofort, aber Fasten ist wirklich eine geistliche Übung, die ich für extrem wichtig halte, auch wenn sie natürlich nicht jedem im gleichen Maße gegeben ist. Ich schreibe das, weil ich denke, dass wir von einem Zuckerwattekatholizismus umgeben sind, der bei jeder Anstrengung ruft „Aber bloß nicht gesetzlich werden, bloß nicht unter Druck setzen, alles, was außerhalb der Komfortzone liegt, ist Drohbotschaft statt Frohbotschaft“. Ich will also dazu anregen, einfach mal mutig zu sein. Das ist mit Sicherheit eine Typfrage, und jeder muss auch selbst wissen, was er in seiner konkreten Lebenssituation leisten will und kann, aber das negiere ich ja auch nirgends…und tendenziell neigen wir eher nicht dazu, uns zu überfordern (vielleicht bin ich auch besonders lasch). Und ich finde, da darf man auch mal Fehler machen. Ich habe ja auch extra üerspitzt geschrieben ;). Ich fahre mit einer fleischlosen sättigenden Mahzeit und etwaiger Stärkung am Besten, und ich möchte es nicht mehr missen.
Nun, die „eigentliche Haltung des Christen“ kann in einer gewissen Tradition als „Aufopferung“ beschrieben werden, da muß man allerdings wissen, was damit gemeint ist. Ich weiß ja nicht, wie das bei Dir ist, wie das allgemein bei Konvertiten ist, aber ich habe im Religionsunterricht und in Diskussionen meiner allerdings nicht-praktizierenden Familie zum Thema „Fasten“ in erster Linie mit Kritik am „falschen Fasten“, ob das Gemeinte nun tatsächlich falsch war oder nicht sei einmal dahingestellt, konfrontiert. Wobei es bei uns am Aschermittwoch und Karfreitag nie Fleisch gab. Und ich mich als kleines Kind wunderte, nicht daß es kein Fleisch gab, das war klar, ich wußte ja welcher Tag war, sondern daß es auch keine Wurst gab. Ich hatte zwischen Wurst und Käse allgemein keinen größeren Unterschied gemacht als zwischen Käse und Marmelade. Aber ich schweife ab.
Dazu haben wir, oder habe wenigstens ich, wohl auch als Bayer allzusehr diesen preußischen Unsinn aufgesogen, der aber doch in Deutschland tatsächlich allgemein verbreitet ist: von Aufopfern könne man nur reden, wenn’s auch wehtut, und ohnehin ist es – zugespitzt gesagt – kein wirkliches Fasten, wenn man sich mit einer bestimmten Fastenpraxis arrangiert, sondern es müsse wirklich weh tun oder man solle es besser gleich lassen.
Dies ein bissel zum persönlichen Verständnis meiner persönlichen Alarmglocken.
Und da wäre eben so: ja, der Christ opfert auf, aber eben nicht deswegen, weil der Herrgott ihm das Geschöpf neidet oder dessen Genuß an und für sich verkehrt wäre. Deswegen kann man sich, wenn eben nicht die entsprechende Heilige Zeit es verlangt (die es unter anderem vor allem deswegen gibt, daß die Christen tatsächlich auch mal was machen), eben durchaus auf das geistige Aufopfern, das Aufopfern der Dankbarkeit für Freuden und das Ertragen dessen, was da kommt, beschränken. Man *kann* auch noch mehr tun. Gerade dafür aber muß man wissen, daß man Gott frei etwas schenkt, sonst wird man mit Notwendigkeit von der Angst zerfressen, nicht genug getan zu haben und rennt über die Bibelstelle „Gott liebt einen fröhlichen Geber“ in die Perplexität hinein.
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Nein, das geht nicht in die Richtung „dann lieber sündigen“, was natürlich falsch wäre, da wir hier nicht über Sünde und Nichtsünde reden, sondern über persönliche Vorsätze, bei denen die einzige Vorschrift (arguably) ist, sich irgendwelche Vorsätze welcher Art auch immer zu machen. Die Feder während der Fastenzeit dann ein bißchen zu lockern ohne sie zurückschnallen zu lassen ist dann erfahrungsgemäß besonders schwierig. Der Glockenschlag-Effekt (sag‘ ich immer): Ein Mensch, der gerade rennt, um noch in seine Sonntagsmesse zu kommen, wird unwillkürlich langsamer, sobald er den Glockenschlag einmal gehört hat.
Aber, oh ja, sich zu viel vornehmen, doch, das geht. Das geht übrigens vor allem dann, wenn man sich an die scheinbar so harten, tatsächlich gar nicht so schweren Brocken traditioneller Art (gar kein Fleisch, gar kein Süßes, oder das nicht *soo* einfache aber trotzdem irgendwie in diese Kategorie gehörende Abbruchfasten) etc. nicht herantraut und meint, dafür was gutmachen zu müssen.
>> Normalerweise höre ich nur, dass es ja VIEL zu hart sei, etwa komplett auf Süßes oder Fleisch zu verzichten,
Das Problem ist nicht unbedingt, auf Süßes und Fleisch zu verzichten, sondern wenn man z. B. noch mit anderen Leuten im Haushalt wohnt, beim Kaffee nur den Kaffee zu trinken, dann eventuell einen Apfel zu essen, dann vielleicht gar eine Birne, die ja schließlich auch süß ist, und dann sind wir schon sehr schnell bei der Quarktasche, die immerhin für einen mit eingekauft worden ist. Sicher, da kann man jetzt mit dem „fremden Tisch“ daherkommen, aber wenn man an dem jeden Tag oder doch ziemlich regelmäßig sitzt, dann will das irgendwie nicht so recht ins Bauchgefühl rein.
Wer allein oder mit Gleichgesinnten lebt, der kann natürlich eine ganze Menge.
>>Ich schreibe das, weil ich denke, dass wir von einem Zuckerwattekatholizismus umgeben sind, der bei jeder Anstrengung ruft „Aber bloß nicht gesetzlich werden, bloß nicht unter Druck setzen, alles, was außerhalb der Komfortzone liegt, ist Drohbotschaft statt Frohbotschaft“.
Teils, teils. Ich denke nicht, daß wir von einem Zuckerwattekatholizismus umgeben sind. Ich denke, daß wir allerorten von einem Katholizismus umgeben sind, der sowohl von orthodoxer wie in der Regel auch von (for einfachheitshalber sogenannter) liberaler Seite uns, als ob das sonstige Leben uns nicht schon mit genügend derlei zuschütten würde, andauernd mit „Herausforderungen“ überschüttet, als ob wir gar nicht genug davon kriegen könnten. Da geben sich übrigens die (einfachheitshalber) Linken und (einfachheitshalber) Rechten nicht viel, die mögen sich in dem, was systematisch gesehen Detailfragen sind, unterscheiden, aber der Herausforderismus feiert überall fröhliche Urständ. Nur daß die [„“] Rechten vielleicht ein *bißchen* mehr wertschätzen, wenn einer immerhin mal seine Sonntagsmessen besucht und seine gebotenen Fasttage einhält. Die [„“] Linken würden dann sofort schreien: „das ist doch wertlos, und du bildest Dir ein, Du seist ein guter Christ oder was?! Aber die wirkliche Herausforderung!, die Herausforderung des Selberdenkens!, die Herausforderung des unablässigen sozialen Engagements!!, die Herausforderung sich politisch [heißt in bestimmte Richtung] zu engagieren!! da bist Du wohl zu faul oder zu feig dafür was?“
Die Kirche ist nunmal, wenn sie mit der Zeit geht, immer ein paar Jahre hinterher; vom Opfersinn und der Einsatzbereitschaft der Jugend und daß diese das wolle und danach verlange sprach man in den Siebzigern und Achtzigern, wenn das nicht einfach eine unreflektierte Übernahme von FDJ-Sprüchen war. Es übersieht auch ein wenig, daß es der Christ, vielleicht nicht der [„“] liberale, aber der orthodoxe, ohnehin schon einer ganzen Menge Herausforderungen zu bestehen hat, zum Beispiel ganz banal beim sechsten Gebot.
Ich denke allerdings im Gegensatz dazu und in Übereinstimmung mit Dir durchaus, daß wir von einem Katholizismus umgeben sind, der „aber bloß nicht gesetzlich werden“ ruft. Nur vermute ich dahinter durchaus *auch*, und zwar teilweise sogar ganz eingestandermaßen und ausgesprochen, die Einstellung „nein, so einfach wie es auf die gesetzliche Art wäre, wollen wir’s euch auf keinen Fall machen!!“. Ich war mal beim Bund, und das schöne am militärischen Gehorsam ist, daß er nur Befehlen geschuldet ist. Es gibt kaum etwas, das so einfach einzuhalten ist wie ein klarer Befehl, auch wenn zugestanden die Anweisung vom Spieß, unter Androhung eines Disziplinarverfahrens zum Frühstück entgegen bisheriger Praxis nur untenrum zum Haupteingang und nicht zum Hinterausgang zu gehen, obwohl der UvD eh keine Strichlisten führt und ihm das auch nicht befohlen ist, manchmal nerven kann.
Deswegen sage ich ja, auch wenn’s paradox klingt, unterm 1917er CIC war das Fasten einfacher.