Pasta oder Basta?
Der Einblick, den ein angehender Pastoralreferent in seine Probleme mit der Berufswahl gibt, hat mir zu Denken gegeben. Vor allem habe ich mich gefragt, ob man auf ein offen und ehrlich gemeintes Statement satirisch antworten darf. Schließlich sollte Satire auch einen Zweck erfüllen. Es ist die Aufgabe des Baseballschlägers, Menschen einfach nur eins überzubraten, nicht die der Feder. Ich konnte mir diese Frage nicht befriedigend beantworten und beginne erst einmal mit der ultimativen Checkliste:
Erst einmal muss ich feststellen, dass jeder herausfinden kann, wofür die Kirche steht und was sie lehrt. Wenn ich nicht rechnen kann, versuche ich nicht, Mathelehrer zu werden, und wenn ich gegen Kaffee bin, arbeite ich bei Tee Gschwendner, nicht bei Starbucks. Insofern ist es ein wenig verwunderlich, dass jemand zugibt, sich wenig substanzielle Gedanken gemacht zu haben, sich aber wundert, dass der Arbeitsplatz so ist, wie klar ersichtlich gewesen wäre, hätte er nachgedacht. Zudem scheint es mir unrealistisch, zu glauben, Mathematik würde sich Literatur zum Gegenstand machen, nur, weil ich das besser finde, oder Starbucks Pommes statt Kaffee verkaufen, weil ich die lieber mag.
Ich will nicht behaupten, die geschilderten Probleme seien keine Probleme. Aber es sind Probleme einer narzisstischen Generation (ich darf das sagen, es ist meine Generation), die denkt, während alles einem zu Diensten sein müsse, sei man selbst nur sich selbst verpflichtet. Wie kommt es, dass man es als „übergriffig“ empfindet, residenzpflichtig zu sein? So nennt er, was in vielen Berufen notwendig ist. Man kann nicht Landarzt sein in Manhattan. Aber hier, wenn es die Kirche ist, die etwas verlangt, dann ist es übergriffig.
Es geht hier nicht darum, dass die Kirche unzulänglich, unbeweglich oder unmodern wäre, sondern darum, dass das ein Leben in der Wahrheit nicht „Wünsch dir was“ ist. Ja. Das ist zu beklagen. Auf dieser spätpubertären Ebene bewegte sich schon die Wahl des Studienfaches, was auch ganz unschuldig zugegeben wird: War halt zulassungsfrei. Ja dann. Schade, dass man keine Reue über jugendliche Gedankenlosigkeit spürt. Es ist nicht ehrenrührig, traurig über Fehlentscheidungen zu sein! Ich war mal evangelisch. Ich weiß, wovon ich spreche. Dementsprechend ist „Studium (…) eben ein Studium“. Das Statement ist ein flammendes Plädoyer für die Abschaffung des „Abiturs für alle“. Wer so glücklich und dankbar das Privileg, studieren zu können, annimmt, der gehört definitiv an die Uni. Für die wichtigen Fragen findet er keine Gesprächspartner? Hier oder hier oder – für die ganz mutigen ohne Aluhut- hier finden sich studierte Theologen, hingebungsvolle Priester, die sicher gerne mit ihm in den Dialog über die wirklich wichtigen Fragen kommen würden. Als ich mich durch die Lehre der Kirche hindurchgoogelte und natürlich aufregte, schrieb ich wütende Mails, und die wurden mir ruhig aber wahrheitsgemäß beantwortet, was mich, mit zum Teil jahrelanger Inkubationszeit, überzeugte. Mit dem Ergebnis, dass ich begann, die Lehre der Kirche zu bekennen und schließlich katholisch wurde.
Ich weiß also, dass in einer Gesellschaft, in der man googeln kann, niemand ratlos bleiben muss, der wirklich Rat will . Hier aber herrscht Unwille, weil die Kirche nicht so ist, wie Pilger es sich wünscht: Zu seiner Wunschkirche gehört „(…) ein Wechsel in der Mentalität zu einer Kirche, die im Sinne einer professionellen Dienstleisterin für die Menschen da sein will!“ Ich fänd’s ja auch besser, VW würde Saatgut verkaufen statt Autos herstellen, aber ich ahne: VW wird weiterhin Autos produzieren (darum wird sich dort niemand bewerben, der sich nur mit Saatgut auskennt) und die Kirche wird weiter ein Gebäude aus lebendigen Steinen sein, der Leib Christi, der Gottes Gnade, Liebe und Wahrheit in die Welt vermittelt und den Menschen durch Christus das ewige Leben schenkt: Eine Mutter. Halleluja, wir haben eine Mutter! Keine Dienstleisterin. Keine „Institution“, keinen Betrieb. Deo gratias. Lieber Herr Pilger, haben Sie mal Jesus gefragt, ob er möchte, dass seine Kirche eine „professionelle“ Dienstleisterin ist? Ich meine das ganz ehrlich: Gehen Sie doch mal in die Anbetung und fragen Sie Jesus!
Laut eigener Aussage ist ein Hauptproblem, dass Pilger sein Leben „in der Hand behalten möchte“. Wie sagte einst Luzifer? Non serviam. Stephanus ist gesteinigt worden, Laurentius geröstet. Stinknormale junge Mädchen wurden geköpft, erschlagen und gerädert für diesen Glauben, für diese Kirche. Sie haben ihr Leben in Gottes Hand gelegt. Wenn man selbst mit vergleichsweise kleinen Einschränkungen ein Problem hat, ist ein Arbeitsplatz, zu dessen Berufsrisiko unter Umständen das Opfer des eigenen Lebens gehört, vielleicht nicht die richtige Wahl? Als Putzfrau mag es noch angehen, dass man der Kirche ohne Bekenntnis dient. Als Mitarbeiter im Pastoral ist das Zeugnis integraler Bestandteil des Dienstes.
Durch Zufall habe ich letztens die Aufnahme einer Frau in die katholische Kirche erlebt. Sie bekannte, alles zu glauben, was die Kirche glaube und bekenne. Sapperlot. Das ist nicht etwa die Voraussetzung für ein Weiheamt oder das Ergebnis eines Lebens mit der Kirche. Es ist die Voraussetzung dafür, Teil der Kirche zu werden! Schließlich wird man nicht Mitglied des Hasenzüchtervereins oder von Fortuna Düsseldorf, sondern Teil des Leibes Christi. Seine Lehre ist verbindlich, weil sie der Wahrheit entspricht, nicht wegen der corporate identity. Natürlich werden viele von uns Teil der Kirche, ohne dies bekennen zu können. Ihre Aufgabe ist es, sobald sie dazu in der Lage sind, sich in das Leben und Denken der Kirche einzuüben, bis sie alles bekennen, was die Kirche lehrt – ja, das kann man lernen!
Herrn Pilgers Erörterung über das, was er unter dem kirchlichen Begriff der Barmherzigkeit versteht, ist übrigens ziemlich erschreckend. Wenn das der intellektuelle Stand von Studenten Ende Zwanzig ist, dann Holla-die-Waldfee, die Scheidungsraten werden steigen! Darüber werde ich an anderer Stelle schreiben (nicht über die Scheidungsraten), aber fürs Erste muss ich mir einen großen Gin Tonic gönnen um das Gelesene zu verarbeiten. Womit wir beim Kulinarischen wären:
Wenn ich im Restaurant Antipasti bestelle, bekomme ich Antipasti. Sich dann beschweren zu müssen, weil man Pasta wollte, kann an mangelnder Sprachfähigkeit liegen. Die kann man erwerben. Sich im italienischen Restaurant darüber zu beschweren, dass auf der Karte kein Döner steht, ist dämlich. Basta.
Danke für die Links zu vertrauenswürdigen Auskunftgebern! Es ist tatsächlich gar nicht so leicht, solche zu finden.
Das ist wahr! Also, ich kann den ersten Link (Karl-Leisner-Jugend) total empfehlen. Die Katechesen auf der Seite sind einfach hervorragend, gut erklärt für Leute, die keine Ahnung haben, und man kann ihnen auch schreiben, wenn man irgendetwas wissen will! Wenn ich selbst irgendeine Frage habe oder so, schaue ich immer zuerst dort!
„der arbeitet dann bei Tee Gschwendner und nicht bei Starbucks“
ganz großer Daumen hoch.
Genial!
Danke. Es war so schön, sich mal in #AnalogiendesGrauens so nach Herzenslust auszutoben.