Ein priesterliches Geschlecht *hust*

„O Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen!“. Dieses fälschlicherweise Augustinus zugeschriebene Zitat hat seit dem II. Vatikanischen Konzil viel Übles in der Kirche angerichtet. Angebote wie meditativer Tanz laden generell meist zum Fremdschämen an, Darbietungen der „Tanz“gruppen einer Gemeinde machen aber auch traurig, weil sie eigentlich immer eindrucksvoll zeigen, dass die ach so modernen, befreiten, emanzipierten Frauen mit ihrem Körper ungefähr so im Einklang stehen wie Nord- und Südkorea. Nun wird mir manchmal das „positive“ Vorurteil entgegengebracht, ich könne mich halt bewegen, weil ich afrikanische Wurzeln hätte. Dem kann ich nur entgegensetzen, dass Europäer, auch Deutsche, durch alle Zeiten hindurch attraktive, bewegungsintensive Tänze hatten, und dass es keinerlei ethnischen Grund für mangelndes Körpergefühl geben kann. Natürlich bevorzugen unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Bewegungsmuster und nicht jeder kann Beyoncé oder Shakira sein. Aber das unbeholfene, unrhythmische Wanken, Stolpern und Zucken hat jedenfalls mit Tanz nichts zu tun.

Die Lastruper Frauen, die bei der Landeswallfahrt der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands um den Altar „getanzt“ sind, wollten aber damit nicht nur sich selbst erfahren, sie wollten auch protestieren – für mehr Rechte für die Frauen in der Kirche. Meinetwegen. Aber ist ästhetisches Gefühl wirklich so weit degeneriert, dass man nicht einmal mehr merkt, wenn man sich fürchterlich lächerlich macht? Ich möchte niemandes Gefühle verletzen, aber wenn ich mich hinstellen und den sterbenden Schwan tanzen würde, dann wäre mir klar, dass ich sicherlich ein klägliches Bild abgeben würde, das man eher mit dem sterbenden Nilpferd assoziieren würde. Ich würde mir keine Illusionen machen über meine Qualitäten als Primaballerina.

Die Damen der KFD dagegen stellen sich mit bewundernswertem Selbstbewusstsein hin: Dieses Video atmet die künstlerische Qualität und Ausdruckskraft des jährlichen Auftritts der Kindergartenkinder beim Gemeindefest – während allerdings die Kinder so etwas nur darbieten, weil sie dazu genötigt werden, stellen sich hier allem Anschein nach *erwachsene* Frauen hin, und schaffen es mit sichtlicher Mühe gerade noch so, im Rhythmus zu gehen. Wenn ich sage, dass mich die Infantilität des Tanzes (und des Protestes) befremdet, dann ist das noch sehr nett ausgedrückt. Ich bin durchaus ein Christ mit Freude, Spaß und einem gerüttelt Maß Albernheit. Dennoch hat unser Christsein auch eine ernste Qualität: Wir sind eingesetzt als priesterliches Geschlecht, das, eingegliedert in den Leib Christi, an dessen Erlösungswirken mitwirkt. Das ist groß, das ist gigantisch. Wie man auf die Idee kommen kann, durch so eine Aktion die eigene priesterliche Würde zu unterstreichen, ist mir völlig unerklärlich.

Man muss sich auch einmal kurz vor Augen führen, dass anderswo Menschen für unseren Glauben sterben – wie soll man ein solches Video einem verfolgten Christen in Nigeria, Pakistan oder Nordkorea erklären? Nehmen wir an, eine Gruppe Christen aus einem solchen Land käme ins Oldenburger Land – würde die KFD ihr christliches Engagement exemplarisch mit diesem Video präsentieren? Wenn es dazu nicht würde dienen können, wieso tut man als Christin am Altar so etwas? Und wenn es das könnte, ähm – …

Ich weiß also nun ehrlich gesagt gar nicht, was ich schlimmer finde: Die Abwesenheit von Takt (im wörtlichen und im übertragenen Sinne), oder die Beleidigung des guten Geschmacks.

Fellow-Bloggerin Claudia hat ihr Befremden übrigens kreativ nutzbar gemacht. Und ziemlich genial nutzt auch Fellow-Blogger Tobias Klein das Video als künstlerischen Steinbruch. Ich würde sagen, unterlegt mit „Girls just wanna have fun“ erhöht sich die Qualität der Darbietung von um 1000%. Ich empfehle seine Kreationen unter dem Hashtag #KFDdancestoeverysong