Der Eunuch im Bibelkreis
Eher zufällig wurde ich gestern auf eine Bibelstelle gestoßen, die mich immer sehr berührt hat, aber über die ich längere Zeit nicht mehr nachgedacht hatte. Es handelt sich um die Taufe des Kämmerers der äthiopischen Königin durch den Philippus, geschildert in der Apostelgeschichte.
An dieser Geschichte hat mich immer besonders bewegt, dass dieser Mann, ein Gottesfürchtiger, also ein Nichtjude, der den Gott Israels bekannte, sich größter Frömmigkeit befleißigt, obwohl er ja niemals „vollgültig“ Angehöriger des auserwählten Volkes würde sein können, zumal als Eunuch. Gerade heute wird ja oft irgendwie ein Zusammenhang zwischen Glaube und „Belohnung“ angenommen – also, ich glaube, weil mir das irgendein Wohlgefühl beschert. Weil es mir hilft, gut zu leben. Im Extremfall: Weil man sich davon soziale Aufwertung verspricht oder sogar Wohlstand und Erfolg. Gerade diese Gottesfürchtigen aber zeigen, dass die Gottesbeziehung keine soziale Einrichtung ist, die uns beim Aufstieg hilft: Sie waren in religiösen Dingen immer „zweiter Klasse“. Sie konnten nicht damit rechnen, damit belohnt zu werden, eines Tages „echte Juden“ zu sein. Das alles hielt aber diesen Äthiopier nicht davon ab, die lange Reise nach Jerusalem anzutreten um wenigstens im „Vorhof der Heiden“ Gott anzubeten.
Ein Zweites aber ist die ganz selbstverständliche Demut, mit der er die heilige Schrift behandelt, und die ganz dringend wieder Eingang in die Haltung der Katholiken finden muss: Als Philippus ihm begegnet, ist er auf der Rückreise und liest in der Schrift. Philippus fragt ihn: „Verstehst du auch, was du liest?“ (Apg 8,30) und jener antwortet: „Wie könnte ich es, wenn mich niemand anleitet?“ (Apg 8,31). Daraufhin erläutert Philippus, auf wen sich Jesaja in seinen Prophetien bezieht, der Kämmerer hört, glaubt, und lässt sich an Ort und Stelle taufen – und wird damit erster eines der ältesten christlichen Völker überhaupt.
Man beachte, dass der Kämmerer Philippus ohne Wenn und Aber als Autorität annimmt. Er geht nicht davon aus, ermächtigt zu sein, das Wort selbst auszulegen. Es ist einfach herrlich lapidar, und ein Schlag ins Gesicht jedes modernen, individuellen, geistgeküssten Bibelteilers, wie er schlicht feststellt, dass er ja nicht verstehen könne ohne Anleitung. Genau das ist ein Grauen in den Augen vieler: Anleitung? Autorität? Auf keinen Fall!
Nun muss man einschränkend sagen: Der Kämmerer war eben noch nicht getauft. In dem Augenblick, in dem er durch die Taufe mit dem Heiligen Geist begabt ist, ist er durchaus auch bevollmächtigt. Dennoch fällt die Anleitung nicht einfach weg, sie geschieht nur von nun an durch den Heiligen Geist.
Viele Protestanten, Evangelikale, aber auch Katholiken, die die evangelikale Herangehensweise an die Schrift attraktiv finden, meinen, dass diese Leitung des Heiligen Geistes jede „weitere“ Autorität überflüssig mache.
Dabei übersehen sie zwei wichtige Punkte, nämlich zuerst den, dass der Heilige Geist als Teil der Heiligen Dreifaltigkeit und ausgehend vom Vater und vom Sohn sich nicht selbst widersprechen kann. Er kann also durchaus den einzelnen Gläubigen zum Verständnis führen, der Gläubige, dessen Charisma der Unterscheidung aber nur durchschnittlich ausgeprägt ist, bedarf aber der ständigen Rückversicherung, dass der, dem er folgt, wirklich der Heilige Geist ist, nicht der eigene oder gar ein schlechter Geist. Die Gefahr, in eigener Autorität zu deuten, ist immens. Auch sehen wir an der Fülle von Bibelkommentaren, die uns von den Kirchenvätern überliefert sind, dass ein unüberschaubar großes Detailwissen nötig wäre, um eine Bibelstelle auch nur annähernd in ihrer Fülle zu erfassen.
Und schließlich ist die Autorität der Kirche keine „weitere“ Autorität. Es ist ja die Kirche als Gemeinschaft der Getauften, die mit dem Geist ausgerüstet ist und durch das Pfingstwunder eingesetzt und bestätigt. Die Autorität der Kirche ist eigentlich ureigene Autorität, die einzige, auf die man sich persönlich verlassen kann als unberührt von jeglichem Irrtum. Zugespitzt heißt das: Statt eine Einsicht, die mir die Bibellektüre beschert, mit jeder jemals dagewesenen Einsicht eines jeden jemals dagewesenen Christen zu vergleichen um zu überprüfen, ob sich da auch nichts widerspricht, kann ich über die Autorität der Kirche schnell erkennen, ob eine Einsicht vom Geist inpiriert sein kann oder nicht.
Das gilt nicht nur so, dass ich durch den Rückgriff z.B. auf die Väter eben den Reichtum der Bedeutung der Schriftworte tiefer erfassen kann. Gemeint ist viel mehr als „nur“ tieferes Verständnis für diese oder jene Schriftstelle. Eigentlich dreht es sich um das Gesamtgefüge der Erlösung, dessen Scharniere manchmal ganz unerwartet ineinander greifen. Der Gläubige, der sich demütig mit dem Kämmerer an die Kirche wendet, um angeleitet zu werden, wird mit erstaunlichen, atemberaubenden Einblicken in die Zusammenhänge der Erlösung und des Welt- und Ewigkeitsgefüges beschenkt. Einblicke, die so viele Schriftstellen zusammenschauen, die auch historische, soziale, psychologische, anthropologische Realitäten so dicht mit einbeziehen, dass sie der Einzelne in dieser Intensität nicht entwickeln kann.
Es ist eine traurige Entwicklung, dass, ausgehend von den Fake News, Katholiken würden sich zu wenig mit der Bibel beschäftigen, ausgerechnet evangelische Formen des Bibelstudiums genutzt werden, die die Autorität der Kirche als zweitrangig sehen, wenn sie sie nicht gar gänzlich negieren. Man kann von Protestanten gar nicht erwarten, dass sie im Einklang mit der Kirche denken und fühlen, weil sie in unterschiedlich hohem Maße von der Kirche abgeschnitten sind. Für Katholiken stellt Bibelteilen etc. dagegen eine wirkliche Verarmung dar (wenn nicht konsequent katholisiert), weil sie sich damit aktiv der Fülle des Heiligen Geistes entziehen und die Bedeutung des Schriftwortes auf den eigenen Erfahrungshorizont reduzieren.
Zustimmung. Das schließt ja in der Tat recht gut an unsere gestrige Diskussion in einem anderen Beitrag hier an.
Leider ist aber die Anpassung an den Erfahrungshorizont der Rezipienten auch ein Verbrechen der in der Kirche allgegenwärtigen Pädagogen. Letztes Jahr bei einer Kreuzwegsandacht: Lesung der Lukaspassion, aber die ‚meditativen‘ Texte dazwischen waren geradezu bodenlos. Als hätten die drei Hierarchen, Augustinus, Thomas, Ratzinger und viele andere zu all dem nichts zu sagen gehabt, was uns viel tiefer berührte als das, wovon Religionspädagogen meinen, es beschäftige uns.
Die Bibel und besonders das neue Testament fasziniert durch eine einfache und deutliche Sprache. Jesus spricht in Gleichnissen und scheint des öfteren angestrengt darüber nachzudenken, welcher Vergleich denn passend wäre, um den Zuhörer nicht in theologische Komplikatioen hinein zu manövrieren. Das Beispiel vom Sämann könnte hier exemplarisch genannt werden in Bezug auf das Reich Gottes. „Mit was lässt sich das Reich Gottes vergleichen?“
Mein Jugendpfarrer hielt nichts von Privatauslegungen bestimmter Bibelpassagen ohne vorher die eigene Einstellung und Motivation für das Studium kritisch zu überprüfen. Er pflegte zu sagen, dass an den Evangelien nichts unklar oder schwammig ist. Das setzt beim lesen natürlich eine Haltung voraus, die dem Kämmerer aus Äthiopien eigen war. Demut. Im übrigen die einzige Haltung die dem Menschen gegenüber seinem Schöpfer angemessen ist.
Eine doch sehr idealistische Sichtweise, die – zumindest für Deutschland – die Situation der synodal Wegbewegten und die Folgen nicht wiedergibt. Im Grunde ein verfahrene Situation für Leute wie mich. Man lese nur die Pläne die BDKJ und junge katholische Gemeinde haben, es geht sowieso nur um die Ziele der LGBT-Szene. Und zweifelt hier jemand ernsthaft, dass deren Forderungen umgesetzt werden, um schließlich in der neuen deutschen Staatskirche zu münden ? Reich an Steuerzuwendungen für brave Regierungstreue, erfüllt von Politik, arm an Glauben und Gläubigen? Und – auf der anderen Seite dann der wortgewaltige Pfarrer Latzel dem man fast geneigt ist zuzustimmen, bis er verlegen grinsend zugeben muss, dass er zumindest teilweise Stuss erzählt, da die Schrift davon spricht, dass der Mensch auch nach seinem Werke gerichtet werde, was ja auf protestantischer Seite bestritten wird.
Vielleicht bleibt dann doch nur die Erkenntnis die Bibel sich selbst zu erschließen (wobei man da ja dann auch auf gendergerechte Versionen und was weiß ich stoßen kann) .
Die „Anleitung“ jedenfalls – woher soll die dann kommen?
Ich lamentiere ja auch gerne über den synodalen, BDKJ etc. pp. Aber allzu schwarz sollten wir nun auch wieder nicht sehen, es gibt genügend Ressourcen, wo man anfangen kann. Wir alle sind doch die Kirche! Für Pessimismus gibt es trotz dem vielen Mist keinen Anlass!
Man kann ziemlich niederschwellig anfangen mit so etwas wie dem „Mini Kat“-Kanal auf Youtube, oder den Katechesen von Bischof Oster, die man alle auf seiner Webseite findet. Die Jesus-Trilogie und darauf aufbauend die Einführung in das Christentum von Joseph Ratzinger lesen. Sich mit dem Katechismus vertraut machen. Wenn man nicht weiß, wo man in der Bibel anfangen soll, jeden Tag einfach die Lesungen vom Tag mitverfolgen („Tagesimpuls“ auf der Webseite der Erzabtei Beuron, wo der Schott verlegt wird), und und und… Sicher ist es empfehlenswert, sich auf weniges, aber das seit langem Bewährte zu konzentrieren. Und die Seite von Pater Recktenwald mitverfolgen (kath-info).
Falls Sie Englisch lesen, absolut empfehlenswert: „The Didache Bible: With Commentaries Based on the Catechism of the Catholic Church“!
„… gendergerechte Versionen …“
Ja, die gibt es, aber solange man bei den offizielle approbierten Übersetzungen bleibt, ist das kein ernsthaftes Problem. Auch wenn die „Schwestern und Brüdern“ in den Episteln neuerdings Mode sind, kann man mit der EÜ (ebensowenig wie mit der Luther- oder Zürcher Bibel) wenig falsch machen.
„trotz des vielen Mistes“ sollte es natürlich heißen, und „synodaler Weg“… 😀
Latzel ist ein antikatholischer Hetzer. Mit dem mach ich mich bestimmt nicht gemein.
Die Anleitung, das ist etwas schwer zu erklären, aber ich denke, dass Sie das bestimmt auch spüren! Es handelt sich um das, was „Die Kirche“ lehrt. Würden Sie das nicht spüren, wären Sie ja nicht irritiert anhand von BDKJ etc. Es ist auf einer ganz tiefen Glaubensebene einfach evident, dass, was Thomas schreibt, stimmt, aber das, was die wollen, nicht.
Also, was der Wahrheit entspricht, DAS ist Lehre der Kirche.
@Andreas
Eine Stunde Stille vor dem Tabernakel beantwortet viele Fragen.
So unersetzlich Anbetung ist – nein, sie beantwortet nicht alle Fragen. Dafür ist sie nicht da.
Etwas zu schnell mal wieder, „viele“ ist natürlich nicht gleich „alle“. Ein altes Problem :D. Aber im Kern meine ich schon immer noch, dass die Anbetung auch nicht „viele“ Fragen beantwortet, die intellektuell durchdrungen werden müssen.
Oh die Selbstkorrektur hab ich zu spät gesehen…
„Alle“ hat ja auch keiner behauptet. Aber sie stiftet Nähe zum Heiland und kann darum auch für Antworten öffnen.
Wir sollten es dem Herrn überlassen, was er für uns wichtig hält und was nicht. Jesus wollte keine intellektuellen Feingeister sondern Menschen die mit ihren Lasten zu ihm kommen. Dazu ist die Anbetung der geeignete Ort und wirklich durch nichts zu ersetzen. Andreas fragt: „Die Anleitung jedenfalls, woher soll sie kommen?“ Na, dann doch bitte an der Quelle fragen Jesus ist uns im Allerheiligsten genauso nahe wie vor zweitausend Jahren seinen Zuhörern und Jüngern. Wir brauchen Zeit, Geduld und Stille und die Haltung wir hätten die Antwort schon empfangen. Dann wird das was.
„Wir sollten es dem Herrn überlassen, was er für uns wichtig hält und was nicht.“
Das verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht. Das ist natürlich richtig, aber wie sollen wir erfahren, was der Herr für uns will, wenn wir uns nicht mit unserem Herz und unserem Verstand auf die Suche begeben? Wofür haben wir denn einen freien Willen und ein Hirn?
„Jesus wollte keine intellektuellen Feingeister sondern Menschen die mit ihren Lasten zu ihm kommen.“
Natürlich wollte Christus, dass Menschen mit ihren Lasten zu ihm kommen. Aber das schließt doch nicht aus, über unseren Glauben und unsere Hoffnung Rechenschaft abzulegen. Und das ist doch eine in erster Linie eine intellektuelle (damit meine ich nicht akademische) Tätigkeit. Man könnte antworten: Wollte Christus so jemanden wie Benedikt XVI. etwa nicht haben? Christus hat als 12-jähriger im Tempel doch auch seine intellektuelle Kapazität und Schriftkenntnis bewiesen. Es trieft doch aus jeder Zeile der Evangelien, dass Jesus seine Heiligen Schriften kannte, intellektuell und spirituell. Mit den einfachen Leuten hat er halt anderes geredet als mit gebildeten Feingeistern, wie Nikodemus. Für beide standen seine Türen offen.
Wie gesagt, ich bezweifle nicht den Sinn der Anbetung, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es mystische Momente der Erkenntnis gibt (etwa, dass der Leib Christi tatsächlich der Leib Christi ist!). Aber die kommen nicht einfach aus dem Nichts, sondern erfordern unsere Mithilfe. Angesichts des ziemlich schlechten Zustandes der Katechese in Deutschland reicht es nicht aus, vor dem Tabernakel zu knien und Rosenkränze zu beten. In der Regel tun das sowieso eher die Leute, die bereits Rechenschaft über ihren Glauben ablegen können. Aber die Frage von @Andreas war meines Erachtens relativ konkret gemeint – da empfinde ich ‚fromme‘ Antworten als nur den halben Weg (allerdings nützt all die Textexegese nichts, solange er sich selbst nicht wieder zu Wort meldet). Sowohl Katechese und Nachdenken, als auch Anbetung. Das eine geht nicht ohne das andere.
Woher wissen eigentlich alle immer so genau, daß der Heiland etwas gegen Intellektuelle gehabt haben sollte?
(Mir scheint ja die Tatsache, daß er als krönenden Abschluß des Offenbarungsgeschehens die Offenbarung der Dreifaltigkeit als des innersten Wesens Gottes verwendet hat, eine schöne Wahrheit und wahre Schönheit – und zwar eine die mehr oder weniger eingestandenermaßen im Diesseits keinerlei praktisch-moralische Relevanz hat außer vielleicht den Sinn fürs Geheimnis gerade durch Enthüllung zu steigern und vielleicht für manchen ungehorsamen Häretiker Stein des Anstoßes zu sein, eher auf das Gegenteil hinzudeuten.)
„Woher wissen eigentlich alle immer so genau, daß der Heiland etwas gegen Intellektuelle gehabt haben sollte?“
Das frage ich mich auch manchmal.
Ich habe gelegentlich den Eindruck, dass es im Grunde – ohne dass es den Leuten bewusst zu sein scheint und es oft sicherlich auch gar nicht so gemeint ist – gewisse Reflexe (protestantischer? antiklerikaler?) Polemiken vorliegen: Christus als Kronzeugen gegen die Kirche, die er ja eigentlich *so* gar nicht gemeint habe (quasi Loisy in verschiedenen Varianten). Oder vielleicht auch nur Jesuslatschenromantik.
„… eher auf das Gegenteil hinzudeuten.“
Sehe ich auch so – sonst müsste man ja tatsächlich die Konsequenz ziehen, dass spätestens mit Irenäus die Kirche nix mehr mit Christus zu tun (was z.B. Forscher wie Géza Vermes durchaus so sehen…).
Werte(r) Sokleidas,
bevor die Diskussion aus dem Ruder läuft, was nicht meine Absicht ist, da wir ja einer Meinung sind.
Andreas fragt, woher die Anleitung kommen soll, Sie antworten und ich antworte. Auf meinen Kommentar schreiben Sie, dass die Anbetung nicht viele Fragen beantwortet. Damit geben Sie, unbewusst (?) eine Empfehlung für Andreas ab, die ungefähr so lauten könnte: Anbetung nützt erst mal nix. Lass das mal lieber und beschäftige dich erst mal mit niederschwelligen Angeboten, wobei Sie kurioser Weise die Jesus Trilogie von Ratzinger erwähnen, die nun wirklich für einen Anfänger (Andreas?) keine leichte Kost ist.
Mein Hinweis, dass wir es Jesus überlassen sollen zu entscheiden was für uns wichtig ist oder nicht, bezieht sich auf hier nur auf die Frage von Andreas, die ich mir im übrigen auch stelle. Es könnte ja sein, dass die Gestaltung einer Beziehung zu Jesus am Anfang stehen sollte, bevor man sich mit der intellektuellen Auseinandersetzung von Bibeltexten beschäftigt. Was liegt dann näher zu Jesus zu gehen, aus den vier Wänden hinaus in eine katholische Kirche, wo das ewige Licht brennt und Jesus bis an das Ende der Welt zugegen ist? Genauso zugegen wie als 12jähriger im Tempel oder als Wanderprediger auf dem Berg der Seligpreisungen oder als Verurteilter am Kreuz.
Hallo Gerd, volle Zustimmung zu Ihrem Beitrag und danke für Ihre Klarstellungen. Internetdiskussionen haben leider den Nachteil, dass Sie eher nebenher laufen, was angesichts meiner Diskussionsfreude manchmal aber zulasten der Klarheit geht, wie ich eingestehen muss. Nix für ungut!!
(Es war keineswegs meine Absicht zu sagen, Anbetung nütze nichts, ebenso wenig wollte ich Ratzinger unter „niederschwelligen“ Angebote einreihen.)
Mein Lieblingsstelle im Neuen Testament sind die Emmausjünger, denen der Herr die Schrift deutet und ihnen dabei die Augen aufgehen. So habe ich es auch bei mir empfunden. Dabei sollte ich freilich nicht vergessen, dass andere Leute anders ticken und daher andere Erfahrungswege haben. 🙂
Danke für die Klarstellung Ihrerseits. Die Emmausjünger geben ein exemplarisches Beispiel für den schlechten Zustand der Katechese in unserem Land. Da bewegen sich zwei Jünger auch körperlich weg von Jesus und er selber macht sich auf den Weg zu ihnen hin. Bei den Jüngern dreht sich alles nur um die Katastrophe um Gefühle und dem sinnlosen Aufarbeiten von dem was sie erlebt haben. Und Jesus erschliesst ihren Sinn für die Schrift. Das macht er heute natürlich auch noch, vielleicht mit dem Unterschied, dass es einfacher wird, wenn wir uns nicht von Jesus weg bewegen sondern zu ihm hin.
Zunächst einmal vielen Dank, für die Bereitschaft sich mit meinen Anmerkungen auseinanderzusetzen.
Ich hatte den Einstieg der Blogbetreiberin in der Tat so verstanden, dass der Christ der anleitenden Hand des Hirten bedürfe um die Bibel letztlich voll erschießen zu können und in der Tat bin ich schon oft mit dem Vorwurf der „Steinbruch-Exegese“ konfrontiert worden; etwa wenn ich „Der Bischof sei der Mann einer Frau“ als durchaus auch gegen einen verpflichtenden Zölibat verstehe.
Andererseits finde ich Christi Wort zur Ehe glasklar und unmissverständlich formuliert, auch wenn das bedeutet, dass ich als wiederverheirateter Mann für immer der Kommunion zu fasten habe. Wenn es Hirten gibt die das in Frage stellen, bleibe ich ratlos zurück genauso wenn katholische Bischöfe zur Erkenntnis kommen, dass „geschlechtliche Zuschreibungen heute nicht mehr eindeutig wären“.
Ich frage mich dann eben, was ein Glauben, der keine ewigen Wahrheiten verkündet sondern wandelbar ist, tatsächlich wert ist.
Egal ob ich dazu angeleitet werde, oder selbst versuche tiefen Glauben zu finden.
Du meine Güte „erschließen“ natürlich!
„Ich frage mich dann eben, was ein Glauben, der keine ewigen Wahrheiten verkündet sondern wandelbar ist, tatsächlich wert ist.“
@ Andreas
Ich finde Ihre Frage sehr interessant, betrifft er doch den Menschen der Neuzeit bzw. Moderne/Postmoderne sehr konkret. Was Sie beschreiben ist die Zivilreligion, „eine Schwundstufe des Christentums, das nicht mehr mit seinem Wahrheitsanspruch, sondern nur noch wegen seiner ethisch und politisch stabilisierenden Funktion ernst genommen wird“ (Norbert Bolz). Was denken Sie, würde Ihnen Ihr Bischof sagen, wenn Sie ihm Fragen nach dem Kreuz, Gnade, Erlösung und der leiblichen Auferstehung stellen? Oder vielleicht würden Sie ihm diese Fragen auch nicht stellen wollen? Das Wohlfühlchristentum mit Jesus unserem Bruder (Marx hat diese Art Religion „als Opium des Volkes“ bezeichnet) kann ja mit dem Kreuz nichts mehr anfangen. Seit der Zeit, seit aus Männern „Menschen“ wurden und aus „Menschen“ „Brüder“, ist doch der „Humanismus“ an die Stelle der Dogmen getreten. Der heutige Mensch tut vielleicht noch so, als ob es Gott gäbe, aber glauben, glauben, dass Jesus Christus wiederkommt, dieser Gedanke ist dem modernen und aufgeklärten Menschen doch eher unsäglich und peinlich.
„etwa wenn ich ‚Der Bischof sei der Mann einer Frau‘ als durchaus auch gegen einen verpflichtenden Zölibat verstehe…“
Hallo Andreas, hier vermute ich, dass Lehramt würde sagen, dass man eine Gewichtung von Bibelstellen anhand historischer Situation vornehmen muss.
Als die Gemeinden jung waren und Ämterstrukturen entstanden, konnte es in der römischen Gesellschaft gar noch keine zölibatären Amtsträger geben, sondern sie mussten aus der rekrutiert werden aus den Leuten, die das sind. In der Regel waren das verheiratete Leute. Das ändert aber nichts daran, dass Christus der Maßstab für Amtsträger sein soll, und nicht die Umstände, in denen die ersten christlichen Gemeinden entstanden.
„Andererseits finde ich Christi Wort zur Ehe glasklar und unmissverständlich formuliert, auch wenn das bedeutet, dass ich als wiederverheirateter Mann für immer der Kommunion zu fasten habe.“
Na ja, nur, wenn Sie in erster Ehe katholisch verheiratet waren. Alles andere fällt unter Unzucht und kann gebeichtet werden. 😉
Nein, im Ernst: Ich teile zwar nicht Ihre Erfahrung. Als ich aber selbst noch unverheiratet war, habe ich eine verheiratete Frau geliebt, die leider viel zu jung an Krebs verstorben ist. So sehr ich die Frau damals geliebt habe – es war trotzdem ein Ehebruch, und es hätte mir nichts geholfen, wenn mir in der Zeit, als ich das alles aufarbeiten musste, jemand gesagt hätte: alles was zählt, sind nur Eure ehrlichen Gefühle, passt schon, *auf die Schulter klopf*, alles in Ordnung. Denn es stimmte nicht: „Du sollst nicht die Ehe brechen“ hat einen klaren religiösen und sozialen Sinn. Die persönliche Liebe kann die Verwerfungen, die daraus entstehen, nicht aufheben. Man braucht Vergebung.
Ich finde es ehrlich gesagt entsetzlich, dass Sie so klar sehen und deutlich zu erkennen ist, dass die Relativierung katholischer Lehre Ihnen nicht im Geringsten hilft, eher im Gegenteil…
„mussten rekrutiert werden aus den Leuten, die da sind“
Seufz, wie schön wäre die Möglichkeit, Kommentare zu korrigieren, das passt mir zu oft in letzter Zeit…
@ Sokleidas: Moment, nein, nichtkatholische Ehen fallen nicht unter Unzucht! Das wäre ja noch schöner, wenn Nichtkatholiken die Möglichkeit versperrt wäre, eine gültige Ehe einzugehen. Freilich kann es andere Gründe geben, dass eine erste Ehe ungültig war, und das ließe sich überprüfen, aber erstmal gilt sie als gültig.
@ Andreas: Ich finde es sehr ehrlich und konsequent, was Sie schreiben, dass Sie es akzeptieren, dass Sie dann der Kommunion für immer fern bleiben müssen.
Aber das ist im Endeffekt kein gangbarer Weg, zu sagen „gut, ich gehorche dem Herrn nicht, dafür bleibe ich auch ehrlicherweise weg von Ihm“. Und es ist auch keine ganz so hoffnungslose Situation, wie Sie zu meinen scheinen. Gott lässt einem immer irgendeine Möglichkeit, wieder das Richtige zu tun und zu Ihm zu kommen, auch wenn es vielleicht eine ziemlich harte Möglichkeit ist. Es geht eben nicht nur um die Kommunion, es geht um den Grund dafür, dass Sie ihr fernbleiben müssten: dass Sie (wahrscheinlich?) noch in erster Ehe gültig verheiratet sind und Ihre zweite Ehe (na ja: oder zumindest deren Vollzug) falsch ist. Wollen Sie es ernsthaft akzeptieren, ewig im Zustand der schweren Sünde zu leben? Das sagt sich jetzt leicht, und ich weiß ja auch nicht, wie Ihre Partnerin („Ehefrau“ kann ich nicht sagen) zu dem allem steht, und was sie z. B. davon halten würde, „wie Bruder und Schwester zu leben“, aber im Endeffekt hat man keine andere Wahl, als den Befehlen des Herrn zu gehorchen. Man hat einfach keine Wahl.
– Crescentia.
@Crescentia: Ja, wo ich nochmal drüber nachdenke, haben Sie natürlich vollkommen recht!
Wenn Sie selbst versuchen einen tiefen Glauben zu finden, ist Jesus bereits bei Ihnen. Fragen sie einfach den Herrn wenn etwas unklar ist. Ich kann Sie dazu nur ermutigen. In der Stille, bevorzugt in einer Kirche vor dem Tabernakel kommen die Antworten von ganz alleine. Sie sollten nur hartnäckig genug sein. Manchmal lässt sich der Herr einige Zeit mit der Antwort. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht jede Woche eine Stunde vor dem Allerheiligsten zu verbringen. Ich verspreche Ihnen, dass Ihr Herz dort zur Ruhe kommt.
Nun, das konkrete Beispiel hat ja mit der Hierarchie der Wahrheiten zu tun, erstens und zweitens mit Ungenauigkeit.
„Mann einer Frau“ ist auf gar keinen Fall irgendein Hinweis darauf, dass der Zölibat abzulehnen sei. Das ist tatsächlich „Steinbruch“. Im Kontext finden wir ja glasklar den Rat zum zölibatären Leben, dem Paulus generell den Vorzug gibt. Daneben ist damit eben genau gemeint, dass er gemäß der biblischen Lehre weder Polygamie noch wiederverheiratet sein darf. Also, wenn er verheiratet ist, dann nur so. Die Geschichte in Ost und West zeigt aber, dass man davon schnell abgekommen ist.
Wenn dann die Kirche zu einem späteren Zeitpunkt den Zölibat zur Verpflichtung erhebt, sieht sie ihn deshalb dennoch nicht als Dogma, sondern immer noch eher als eine Art „lebenspraktische Einrichtung „, weil der Mensch dadurch vor Überforderung geschützt wird. Sie macht damit auch nochmals die Bedeutung der Ehe deutlich und der Ganzhingabe im priesterlichen Dienst.
Dass solche Bischöfe wie die von ihnen genannten aber Unrecht haben, scheinen Sie ja zu spüren. Es gehört auch Mut dazu, nicht zweifeln zu wollen, und entschieden nur den Stimmen zu gehorchen, die man als wahr erkennt. Es ist ein halb-bewusstes Ausweichen vor der Wahrheit, zu sagen „aber Kardinal Marx“. Das Gewissen pfeift auf Kardinal Marx, aber es ist für den Geist, der wankt, bequem, darauf hinweisen zu können, dass der aber doch dieses und jenes sagt und immerhin Bischof ist. Da darf man auch mal den eigenen Geist in die Schranken weisen, finde ich.
Ich zwänge mich jetzt zwar in eine Diskussion rein, aber:
Es geht auch bei „Mann einer einzigen Frau“ nicht darum, den hl. Paulus wegzuinterpretieren, sondern, ihn richtig zu interpretieren. „Mann einer einzigen Frau“ heißt im Kontext nunmal „Mann höchstens einer einzigen Frau“, wer den Vers für etwas *anderes* hernimmt, reißt ihn aus dem Zusammenhang.
(Paulus hat sich nicht selbst für zum Bischof ungeeignet erklärt und auch nicht gesagt „der Zölibat ist besser als die Ehe, Bischöfe aber, die müssen verheiratet sein“.)
Die Kirche kann zusätzliche Regeln aufstellen, die Paulus nicht erwähnt. Sogar Paulus kann Regeln aufstellen, die er nicht an allen Stellen erwähnt.
Zunächst vielen Dank für die sehr guten Kommentare, auf die ich gar nicht im Einzelnen eingehen kann.
Ich werde weiter „dranbeiben“ , aber was die Kirche als solche angeht, hoffe ich dass Gott mir noch die 2 Jahre bi s zum Ende des synodalen Weges nicht übelnimmt, um mich für einen Beitritt zu entscheiden. Vielleicht gibt es dann ja eine neue katholische Kirche, alternativ zu der von Marx und co.
Meiner Ansicht nach begehen Sie den Fehler, die Weltkirche aus dem Blick zu verlieren. Es gibt überall katholische Aufbrüche, gerade unter den Jungen. Überall Märtyrer, die für die Wahrheit ihr Leben lassen. Überlassen Sie Marx dem Herrn, aber geben Sie ihm doch nicht Macht über Ihr Heil.
Ich habe schon in vielen häretischen Messen gesessen. Aber der Trost, den einem das Sakrament spendet, wiegt alles auf.
@Crescentia: Also der Sachverhalt ist der, dass ich als junger Mann evangelisch geheiratet habe und es war von Anfang an falsch, nach 10 jahren wurde diese Ehe geschieden und ich trat auch aus der Kirche aus.
Die Beziehung zu meiner jetzigen Frau besteht seit 20 Jahren, seit 10 jahren sind wir standesamtlich verheiratet, haben 2 Kinder. Das Thema Glauben kam erst danach wieder in mein Bewußtsein, im Grunde war dies auch mein erster Berührungspunkt mit der katholischen Kirche.
Erst dann habe ich mich auch mit den Worten Christi zur Ehe und der Austeilung der Kommunion mit Realpräsenz und den Bedingungen zum Erhalt der Kommunion auseinandergesetzt.
Ein katholischer Priester hat mir den Weg, die Kommunion zu fasten an die Hand gegeben, aber ich verstehe auch Ihre Einwände.
Im Moment hoffe ich , dass auch dass Wort des Herrn – auf die ratlosen Jünger: „Wer kann dann noch gerettet werden“, „Gott ist alles möglich“ auch für mich gilt.
Einen anderen Weg – auch mit Blick auf große Zweifel, ob der Weg in Richtung dieser Kirche überhaupt richtig ist, sehe ich im Moment nicht.
@andreas:
Sie hätten als pozentieller Katholik die legale und offizielle Möglichkeit, bei dem Offizialat Ihres dann für Sie zuständigen Bistums Antrag auf Annullierung Ihrer ersten Ehe zu stellen.
Ob dieser Antrag Aussicht auf Erfolg hätte, kann normalerweise der zuständige Eherichter nach einem ausführlichen und sehr intensiven! Erstgespräch bereits beurteilen.
Meine Frau hat dieses alles nach 25jähriger „Erstehe“, aus der sogar ein Kind hervorging, erfolgreich absolviert.
Die „Erstehe“ wurde annulliert, weil der Mann nicht in der Lage und Willens war, eine christliche Ehe zu führen.
Einfach war der fast 2 Jahre dauernde Annullierungsprozess keineswegs; es brachen viele alte Verletzungen und Wunden dabei wieder auf, und viele Tränen sind geflossen.
Aber es hat sich gelohnt, wir sind beide nun seit fast 23 Jahren glücklich mit kirchlichen Segen verheiratet.
Ob Sie solch ein orientierendes Erstgespräch im Offizialat auch schon mal als Noch-nicht-Katholik führen können, weiß ich nicht.
Ich darf mal ganz kurz einfach nur sagen: Wow. Ich finde es mutig und toll, dass hier so persönliche Zeugnisse zu Wort kommen, auf meinem bescheidensten Blögchen und ich hoffe so sehr, dass dieser virtuelle Ort hier Menschen den Glauben stärkt und uns allen auf unserem Weg hier hilft. Sorry, für die halb off-topic- Bemerkung, aber ich bin gerade nah am Wasser gebaut und einfach gerührt. Liebe Grüße und gesegneten Sonntag Ihnen/Euch!