Lichtmess: Ein kompliziertes Fest

Bald ist es soweit: Der weitere Kreis des Weihnachtsfestes wird mit dem Fest Mariä Lichtmess geschlossen. Dieses Fest ist nicht so leicht zu verstehen. Das liegt daran, dass es so viele komplexe Bezüge und Aspekte hat, dass man sie gar nicht alle zugleich darlegen kann. Das spiegelt sich schon in den verschiedenen Namen: Darstellung des Herrn, Mariä Lichtmess, Mariä Reinigung. Jeder dieser Namen legt den Fokus auf einen anderen Aspekt.

Was mich wundert ist, dass sich bei der theologischen Vielfalt, die dieses Fest umgibt, Artikel häufig vor allem um das reiche Brauchtum um das Fest drehen. Will man da vielleicht der Brisanz des Festes ausweichen?

Der Bezug zum Licht ist einsichtig: Als Jesus im Tempel „dargestellt“ wird – der offizielle Titel des Festes ist „Darstellung des Herrn“ – ruft der greise Simeon in Verzückung aus, hier sei „ein Licht zu erleuchten die Heiden“: Das Licht der Welt, Jesus, wird als solches erkannt und angebetet. Dies ist aber nur ein Aspekt des Festes, und es wäre gut für uns, wenn wir uns auch den zweiten Teil des Ausrufs des Simeon anhören würden: „und zum Preise deines Volkes Israel“. Das Fest der Darstellung des Herrn verbindet in besonderer Weise das Gottesvolk des Alten Bundes mit den „Völkern“, denen, denen aus dem Judentum in Gestalt Jesu das Heil kommt.

„Das erste, was den Mutterschoß durchbricht“, ist dem Herrn geweiht, so ist die Anordnung im Alten Bund. Was auf Deutsch lediglich als „Darstellung“ bezeichnet wird, ist eigentlich der Akt des „Opferns“ (dementsprechend beten wir ja auch im Rosenkranz „…den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast“). Jesus wird Gott geweiht und um ihn auszulösen, werden dem Gesetz gemäß Tauben geopfert. Man kann nie genug darauf hinweisen, dass Maria, Joseph und Jesus stets das Gesetz erfüllt haben. Sie waren keine Hippies, die die Regeln Gottes für Menschenregeln halten und dementsprechend sorglos damit umgehen. Nein, sie haben die Gebote Gottes geachtet und beachtet. Denn es waren eben keine archaischen, durch angebliche göttliche Herkunft legitimierte Regeln eines Nomadenvolkes, sondern wirklich Gottes Gebote. Das Christentum ist keine humanistische Evolution eines archaischen Eingottglaubens, auch wenn dies sicher dem Selbstbild vieler Christen entspricht. Das Licht der Erfüllung der Verheißung wird offenbar in dem Augenblick, in dem das Gesetz erfüllt wird: Wenn Gott seinen Sohn später am Kreuz dahingeben wird, dann ist das das eigentliche Opfer, das einzige Opfer. Das Christentum ist nicht deshalb eine unblutige Religion, weil es eine Religion ohne Opfer wäre, sondern, weil es die Religion des einzig wahren Opfers ist. Dementsprechend sinnig ist es natürlich, dass das Fest einerseits die Feierlichkeiten zum Kommen Jesu abschließt und andererseits in die Fastenzeit überleitet.

Das Fest der Darstellung des Herrn erinnert uns also daran, dass das Heil durch Jesu Tod und Auferstehung für uns erwirkt wird und daran, dass dieses Heil eben, wie Jesus selbst sagt, „von den Juden“ kommt. In Simeons Gebet wird die Vereinigung des auserwählten Volkes mit den anderen Völkern deutlich. Es ist nicht verwunderlich, dass in der christlichen Rezeption besonders der Aspekt der Verheißung für die Völker hervorgehoben wird: Wer seit dem Sündenfall in „Finsternis und Schatten des Todes“ sitzt, freut sich eben besonders über das Licht, das ihm aufgeht, weshalb die Freude der Heiden eben auch ziemlich überschwänglich ist und sein darf. Irgendwie ironischerweise wurde der spezifisch jüdische Aspekt des Festes vor allem über Volksfrömmigkeit weitergetragen und über das Verständnis als „Reinigung“ Mariä, die nach jüdischem Verständnis nach der Entbindung 40 Tage lang kultischer Unreinheit unterlag (was für sie als die Reine schlechthin natürlich tatsächlich nicht zutraf) sowie auch in der Weihe / Opferung von Kerzen, worin der Gedanke des Opferns oder Auslösens in Bezug auf Christus, das Licht der Welt, in etwas umgewandelter Form erhalten bleibt (wir würden ja nun auch nicht gerne zwei Täubchen den Hals umdrehen an einem Freudentag).

Da nun aber gerade der Begriff Reinheit seit jeher mit der heidnischen Hypothek belastet ist, irgendwie mit abergläubischem und falschem Sündenverständnis in Verbindung gebracht zu werden, wurde er in der Moderne weitgehend getilgt, weshalb hier also gerade die aus dem Judentum herübergetragene Dimension der Sichel zum Opfer gefallen ist, die gnadenlos sperrigere Glaubensinhalte glättet.