Magnus L. Striet kapituliert oder: Warum man über Hipsterbrillen erst einmal einen Exorzismus sprechen sollte.

Das Bild, das katholisch.de ausgewählt hat, um Äußerungen des Theologen Magnus Striet auf dem Onlineforum zu präsentieren, spricht Bände. Hinter den Gläsern der moderat-hipsterigen Brille, die bereits verrät, wie verdammt auf der Höhe der Zeit man ist, blitzen verschmitzte Augen Selbstverliebtheit in die Kamera. Und das soll anstecken: Er zieht dich durch die Linse in seine Welt und sagt mit balsamig-tiefer Stimme verführerisch: „Du weißt es doch auch“. Netter Versuch, Herr Striet.

Der zugehörige Artikel ist eine KNA-Notiz, die einen Vortrag Striets im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen dokumentiert. Die Äußerungen sind so wirr und verdreht (wir erinnern uns daran, dass der „Diabolos“ der „Durcheinanderwerfer“ ist), dass ich ausnahmsweise „katholisch“.de verlinke, sonst versteht man nicht, wovon ich spreche. Striet konstruiert eine Parallele zwischen politischem Populismus und „Religionspopulismus“. Diesen beschreibt er als den Versuch, einfache Antworten zu bieten gegenüber einer komplexen Welt und diagnostiziert dieses Phänomen anschließend ausgerechnet bei – jawohl, Johannes Paul II. Im Übrigen koppelt er diesen Populismus an die Verwendung der Rede vom „wahren Glauben“. Auf Deutsch: Wer davon ausgeht, dass es einen „wahren Glauben“ gibt, und davon, dass man ihn vertreten oder auch nicht vertreten kann, wäre in diesem Sinne religionspopulistisch unterwegs und das sei – antiintellektuell.

Wie schön, dass er das Wort selbst einbringt, denn antiintellektuell ist zuerst der Versuch, JPII als gefühligen, dümmlichen Populisten zu diskreditieren. Man darf nicht vergessen, dass dies offenbar dann auch sein Urteil über Petrus, Paulus, Augustinus, Thomas, Theresa, Maximilian und über eine große Menge Menschen ist, die derzeit in Pakistan, Nigeria und Nordkorea für diesen wahren Glauben sterben. Ja, Herr Striet, denen wirft nicht bloß jemand die Hipsterbrille vom Kopf, man schneidet ihnen den Kopf ab. Kann man das wirklich als „einfache Antwort“ qualifizieren?

Der Treppenwitz dieses Vortrags ist, dass es tatsächlich heutzutage religiösen Populismus gibt: Überall da, wo behauptet wird, es gäbe keine absolute Wahrheit (Wahrheit ist immer absolut, aber das weiß ja heute keiner mehr), weil das unbequem ist, wo man Wiederverheiratete und Protestanten zur Kommunion einlädt, weil man sonst so unfreundlich wirkt, wo man sich zusammenrottet um Jesus und Maria gegen den Glauben auszuspielen. An diesen Stellen ist man im besten Sinne populistisch: Anstatt komplexe Antworten zu geben, die die Leute vielleicht erst einmal irritieren könnten, gibt man pipiseichte „Antworten“, die ganz offensichtlich nicht einmal Sechzehnjährige intellektuell befriedigen (oder warum sonst flüchten die allerspätestens nach der Firmung scharenweise?)

Nun kann es ja sein, dass Herr Striet nie richtig Griechisch gelernt hat und daher davon ausgeht, dass man als Theo“loge“ über Gott zu lügen habe. Vielleicht zieht er auch gleich konsequent die Parallele zu einem anderen größenwahnsinnigen Deutschen, Richard Wagner, und sieht in der nordischen Götterfigur Loge das Vorbild seines Berufsstandes: Ein doppelzüngiger, Lüge in Wahrheit kleidender kleiner fieser Miesling, der an der Götterdämmerung gehörigen Anteil hat. Eine treffendere Beschreibung des Berufsbildes, das Streit (ich glaube, da hat sich jemand vertippt) et al. zu haben scheinen, kann es kaum geben.

Aller Eloquenz zum Trotz beweist er hier aber auch, zum Glück, dass Menschen wie er den Bezug zur real existierenden Kirche bereits komplett verloren haben. Denn er nimmt, ernsthaft, die Neuevangelisierung aufs Korn. Zu spät, möchte man rufen, du kommst zu spät!

Die Gefahr hat er natürlich richtig erkannt, Neuevangelisierung macht rechtgläubig. Neuevangelisierung braucht ihn und seine Kollegen nicht, weil Neuevangelisierte nicht nach dem neuesten wissenschaftlichen Trend fragen, sondern nach Jesus. So ein Mist aber auch. Ich stelle mir genüsslich vor, wie Theologen der Marke Striet während der letzten 10 Jahre JPII in ihrem Türmchen saßen und sich die Hände rieben „Der Alte machts nicht mehr lang, der kriegt jetzt schon nix mehr mit. Heheh , Muhahaha, hihihihihi. (*Play* Humperdinck Hexentanz) Ist der Pole abgetreten, kommt das ganze religiöse Zeugs in den Müll. Mal ganz ehrlich, Gott ist doch viel zu kompliziert für die einfachen Leute, WIR erklären denen, was sie wissen müssen, und wenn jemand was anderes behauptet, werfen wir mit griechischen Begriffen um uns und sagen, sie seien ja nur verblendete Bauern.“ Tja. Hätten sie mal lieber Hugin und Munin ausgeschickt aus ihrem pechschwarzen Elfenbeintürmchen, denn während sie so redeten, wurden die Pflänzchen, die JPII auf den Felsen Petri gesetzt hatte, eifrig gewässert und gepflegt, um unter Benedikt XVI zu blühen. Aber, dachten da die Neunmalklugen in ihrem Türmchen, den Deutschen, den bekommen wir auch noch weg. Und dann schlägt unsere Stunde.“ Aber kaum hatten sie so geredet, wurde JPII zur Ehre der Altäre erhoben, und man kann sich leicht vorstellen, wie sämtliche Unterteufel eine Oktave lang nur bebend und zitternd zur Arbeit erschienen, weil der Chef…nicht in bester Laune war…

Mein Highlight-Satz des Artikels ist denn auch „Die Rede von einer „Neuevangelisierung“ Europas bleibe für ihn „seltsam phrasenhaft“, da sie sich trotz der Nutzung modernster Mittel der Ästhetik und Kommunikation jeder Auseinandersetzung mit modernen wissenschaftlichen und theologischen Erkenntnissen entziehe, so Striet.“ Zu deutsch: „Die Neuevangelisierung macht unser Gelaber obsolet. Schnief.“

Phrasenhaft? Meine Güte, der Mann hat sein Türmchen nie verlassen! „Nightfever“, neue geistliche Bewegungen und Aufbrüche an allen Ecken und Enden, kleine und mittlere Initiativen, die Leute da abholen, wo sie sind, nicht, um sie dort zu lassen, sondern um ihnen die Taufe angedeihen zu lassen oder sie wieder des inne werden zu lassen, dass sie getauft sind. Ein unbändiges Vertrauen in die Sakramente und in den Geist – „einfach“, aber auch ein ganz schöner Sprung ins Gewisse. Hat der Mann überhaupt ein einziges der Neuevangelisierung geschuldetes Phänomen selbst besichtigt? Hat er gesehen, wie coole Jugendliche feixend eine Kirche betreten, in die sie eingeladen wurden, hochrot im Gesicht ein Kerzchen anzünden, dann aber ganz still werden und am Ende gar noch auf einen der ihren warten müssen, der sich ins seelsorgerliche Gespräch mit einem der anwesenden Priester getraut hat? Nein, das hat er nicht gesehen, weil die Hipsterbrille der intellektuellen Unangreifbarkeit einen effektiven Schutz vor der Strahlung des heiligen Geistes bietet.

Oder schlimmer: Vielleicht hat er gesehen, aber was er sieht, gefällt ihm nicht. Striet sagt allen Ernstes über die Neuevangelisierung: „Bleibt für Gott da tatsächlich ein Platz?“ Wenn das nicht tiefe Blindheit ist, ist es höchste Bösartigkeit, die die Kompetenz von Unterteufeln bereits überschreitet. Schließlich kann man Neuevangelisierung kritisieren, weil sie zu sehr auf Laien baut, ja vielleicht sogar, weil sie in Teilen nicht theologisch genug ist – aber unbestrietbar (#sorrynotsorry) ist ihre unmittelbare und alleinige Ausrichtung auf Gott. Ich will nicht hoffen, dass Striet diesen Satz wider besseren Wissens gesagt hat, denn wäre dies der Fall, hat er definitiv ein größeres Problem als dass eine kleine Bloggerin sich über seine intellektuelle Unredlichkeit echauffiert.

Wie dem auch sei. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Herr Striet und seine Kollegen haben es versäumt, die schweren Geschütze rechtzeitig aufzufahren, weil sie sich für gescheit hielten. Jetzt können sie nur noch auf mangelnde Intellektualität verweisen, in einer gesellschaftlichen Situation, in der Intellektualität keine Sau interessiert (weshalb auch Hinz und Kunz behaupten können, es zu sein). Damit mag man pseudoelitäre Hochschulkreise sättigen – aber auch die bestehen aus echten Menschen, die irgendwann echte Krisen durchleben werden, und dann werden sie Antworten suchen, die die Hipsterbrille nicht geben kann. Dann wird auch ein süffisantes Grinsen und das Wissen darum, dass nur ungebildete Semiten des 1. Jahrhunderts so viel Ehrfurcht hatten, dass sie an Gott geglaubt haben, nicht mehr weiterhelfen.

Disclaimer zu Klimatransparenz und Humanität: Dieser Artikel hat eine halbe Tafel Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen das Leben gekostet. Ich weise jede Verantwortung dafür von mir und erkläre hiermit, dass Magnus Loge Striet für diese unnötige Barbarei und den damit verbundenen erhöhten CO2-Verbrauch zu belangen sei.