Jetzt geht’s um die Wurst

Die Mehrwertsteuer auf Fleisch solle angehoben werden, meint der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Herr Ostendorff. Sei ja nicht nachvollziehbar, dass Fleisch mit 7% besteuert werde, Hafermilch jedoch mit 19%. Total nachvollziehbar, möchte man ihm zurufen, Fleisch ist ein nährstoffreiches Lebensmittel, was man von aufgegossenem und abgeseihtem Hafersud vielleicht nicht uneingeschränkt behaupten kann. Natürlich spricht absolut gar nichts dagegen, den Mehrwertsteuerwust zu ordnen und klare Verhältnisse zu schaffen. Bloß fällt dies in den Bereich „Steuerchaos bereinigen“, nicht „Tierwohl stärken“.

So langsam kann man sich nur noch an den Kopf packen. Das Wort „Lösung“ scheint in Deutschland umdefiniert worden zu sein und bedeutet nun: „Mehr Geld zahlen lassen“ bzw. „Mehr Geld irgendwohin pumpen, auf Deibel komm raus.“ Man kann doch nicht ernsthaft beklagen, dass Populisten an Macht gewinnen, und zugleich derart unverhohlen die Bevölkerung ausnehmen?! Selbst im idealistischsten Weltbild des philanthropischsten und philanimalischsten Grünen wäre es unrealistisch, anzunehmen, dass eine höhere Mehrwertsteuer Tierwohl verbessern würde. Und das bereits jetzt astronomisch teure Biofleisch (also, jedenfalls wenn es das Biosiegel wert sein soll, das es trägt), wird noch einen Tacken teurer – na wunderbar.

Persönlich bewegt sich mein Fleischkonsum auf einem Level, auf dem es mir egal sein kann, wie teuer Fleisch ist, es kommt bei mir selten auf den Teller, so oder so. Eine solche Politik ist aber abseits des eigenen Geldbeutels ein Übel: Erst einmal verfestigt sie das Bild, das ohnehin immer mehr Bürger haben – dass es keine ehrliche und dem Interesse des Volkes dienende Politik mehr gibt. Bei der derzeitigen Gemengelage ist die Unlauterkeit auch in einer so klein und unerheblich anmutenden Frage schädlich für die Demokratie – wir wissen ja: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Ganz abgesehen davon ist es doch nun wirklich ein wichtiges Anliegen, dass Tiere unter möglichst guten Umständen gehalten werden. In Deutschland sind Lebensmittel generell extrem günstig, und viele Menschen wollen vor allem billig einkaufen. Was es braucht, ist also eine Änderung der Haltung gegenüber Nahrung (das gilt im Übrigen auch für Kleidung und andere Bereiche des Konsums). Die kann man aber nur durch zwei Dinge erreichen: Ehrlichkeit, denn die Menschen müssen ja darauf vertrauen können, dass, wenn sie mehr Geld bezahlen, dahinter auch tatsächlich eine schonende Aufzucht, Haltung und Schlachtung stehen; und Bildung, denn nur durch gute Bildung im humboldtschen Sinne kann ein Mensch einen umfassenden Blick entwickeln, der hinter der Wurst das glückliche Schwein sucht. Aber, tragisch, ich weiß: Eine derartige Haltung kann man von oben nicht verordnen, und damit befindet sich das Problem außerhalb der Kompetenz unserer lieben U-Boot-Marxisten im Politikbetrieb. Die können angesichts solch liberalanarchistischer Auswüchse nur noch verzweifelt die Hände überm Kopf zusammenschlagen – und mehr Geld eintreiben.