Die Kirche ist, wo Petrus ist – zum Fest Kathedra Petri
Der Papst. Kaum eine Einrichtung der katholischen Kirche ruft so viel Widerspruch, Unverständnis und Abwehr hervor, wie die Vorrangstellung des Bischofs von Rom, begründet in seiner Einsetzung zum Hirten der Herde Christi durch Jesus am See Genezareth.
Die Gegner des Papstamtes im Allgemeinen und der dogmatischen Ausgestaltung dieses Amtes im Besonderen stammen aus allen Winkeln des Glaubens: Für die Orthodoxie ist es ebenso ein Ärgernis wie für die protestantischen Konfessionen, die in Katholizität bzw. Apostolizität einen wichtigen Parameter erblicken: Es gibt protestantische Gemeinschaften, wie etwa aus dem pfingstlerischen Bereich, die Katholizität als solche ablehnen. Für anglikanische, altkatholische oder hochkirchlich orientierte Christen ist aber der von Jesus und der frühen Kirche klar bezeugte apostolische und allumfassende Anspruch der Kirche ein wichtiger Aspekt dessen, was sie als Kirche betrachten, und so versuchen sie sich an Sprachspielen und meinen, weil ja das Wort katholisch nichts anderes als allumfassend bedeute, sei die Bezeichnung römisch-katholisch lediglich eine unzulässige Konfessionalisierung, weshalb jeder sich als katholisch bezeichnen könne, der das möchte; bloß römisch sei man dann eben nicht. Die Bezeichnung „katholisch“ für römisch-katholische Christen ist zwar eine Verkürzung (schließlich gibt es auch griechisch-katholische oder Maroniten und andere unierte Kirchen), aber Katholizität war bereits lange vor der Ausbildung von Konfessionen an die Anerkennung der Kathedra Petri, des Lehramtes und der Autorität des Papstes geknüpft.
Aus der Geschichte ersehen wir durchgehend, dass, wer den Papst verlässt, nicht katholisch bleiben wird. Selbst aus besten Absichten erfolgter Ungehorsam endet früher oder später in der Katastrophe. Die Protestanten begannen mit dem Ansinnen, die Kirche zu reformieren, und endeten in hundertfacher Zersplitterung, unauflöslichen Lehrwidersprüchen und in teils völliger Unterwerfung unter weltliche und politische Kräfte und Mächte. Und als mir jemand von der palmarianischen „Kirche“ erzählte, dachte ich, er würde mich verhohnepiepeln, aber lest selbst. Kann man sich nicht ausdenken!
Für manche Katholiken besteht ein Problem darin, dass, typisch katholisch, der persönliche Charakter nicht aufgegeben werden kann: Es besteht im Grunde kein Unterschied darin, ob man sagt „Ich lehne das Papstamt ab.“ oder „Ich lehne Papst xy ab.“. Das Amt ist eben an eine konkrete Person gebunden. Ich erlebe immer wieder, insbesondere unter Menschen, die erst unter Kämpfen zur katholischen Kirche gefunden haben, dass sie z.B. angesichts des gegenwärtigen Pontifikats Zweifel am Papst hegen und diesen sogar offen ablehnen. Ein trauriges Beispiel ist Taylor Marshall, der einen männlich-texanisch-katholischen Blog betreibt: Er hat mir früher meistens (ich nehme das etwas rifle-rasselnde Gebaren aus) gut gefallen, weil er so klar katholisch war. Mittlerweile ist er völlig abgerutscht in eine Ecke, in der jedes Wort des Papstes in der ungünstigsten Weise ausgelegt wird, um es gegen ihn zu wenden. Ich empfinde das als erstaunlich, weil doch gerade Konvertiten die einende und stabilisierende Wirkung des Papstes schätzen. Gegenüber dem beliebigen Hin und Her protestantischer Denominationen bietet das Lehramt sicheren Halt. Dass man ausgerechnet als Konvertit dann vom Papst abfällt, wenn er etwas sagt, das einem nicht gefällt, ist doch etwas absurd. Womit wir beim Punkt wären: Natürlich darf man die Ansichten oder Äußerungen des Papstes kritisieren! In gewisser Weise muss man das manchmal sogar. Denn auch der Stellvertreter des Herrn ist nur ein Mensch und nicht perfekt. Für jeden Menschen in Leitungsposition ist es wichtig, kritisiert zu werden. In der Liturgie wird der heilige Petrus immer gemeinsam mit dem heiligen Paulus genannt (und umgekehrt): Gerade dieser so bedeutsame Heilige der katholischen Kirche wird nicht isoliert und auf sich allein gestellt, sondern in enger Gemeinschaft mit einem betrachtet, der durchaus nicht immer seiner Meinung war.
Wer den Papst wegen einzelner Aussagen oder Eigenschaften als Papst ablehnt, der bauscht seine Aufgabe und Macht unangemessen auf: Ob der Papst sich verklausuliert oder unklar äußert (um mal einen auch von mir oft vorgebrachten Kritikpunkt gegenüber Papst Franziskus zu nennen), kann seine Legitimation nicht schmälern, weil er nicht aus seiner eigenen Person, durch seine Verdienste oder Talente, sondern durch Christus legitimiert ist. Solange Christus der Herr ist, ist der Papst sein Stellvertreter. Man nimmt sich, wenn man den Papst nicht achtet, auch die eigene Glaubwürdigkeit. Was unterscheidet denn einen Katholiken, der den Papst ablehnt, von einem Luther, der den Papst ablehnt? Gar nichts. Welchen konstruktiven Einfluss hatten aber z.B. Protestanten, die das Papstamt nun immerhin seit 500 Jahren ablehnen, auf die Entscheidungen der Päpste? Überschaubar. Wer dagegen im treuen Gebet für den heiligen Vater steht, kann vom ersten Diener der Kirche auch Dienst erwarten, siehe etwa die heilige Caterina.
„Papstgegner“, die sich selbst dennoch als katholisch begreifen (auf die Spitze treiben es dann Sedesvakantisten, die meinen, der Stuhl Petri sei gar nicht von einem wahrhaften Papst besetzt, also derzeit „vakant“), machen zwei Fehler: Sie vertrauen dem heiligen Geist zu wenig, dem Menschen aber zu viel. Petrus hat Jesus mehrfach verleugnet, und ist dennoch der Fels. Er musste, wie alle anderen Jünger, im Glauben wachsen und reifen. Die Zusage und Einsetzung durch Jesus hat ihn nicht perfekt gemacht. Unfehlbarkeit bezieht sich ja nicht auf den Papst in Gänze, sondern auf eine bestimmte Form der Ausübung seines Lehramtes. Der Papst könnte noch so häufig in Angelus-Ansprachen betonen, dass Rosenkohl wahrhaftig das beste Essen der Welt sei, diese Aussage würde dadurch weder wahr noch wäre man zur Zustimmung verpflichtet. Die Leitung des heiligen Geistes besteht eben darin, dass durch alle Imperfektion hindurch der Glaube bewahrt bleibt. Die Kirchengeschichte kennt krass unmoralische Päpste – wie würde ein moderner Sedi damit klargekommen sein? Gar nicht. Was wäre er dann geworden? Protestant oder Anhänger eines Savonarola o.ä.?
Es ist aber nicht die Verantwortung des Papstes, es jedem einzelnen Gläubigen recht zu machen (auch mir nicht, und ich hätte da eine recht umfangreiche Liste, Heiliger Vater!). Es ist die Verantwortung des einzelnen Gläubigen, Fallstricke in der eigenen Seele und im eigenen Denken zu identifizieren und unschädlich zu machen: Die Geschichte ist gepflastert mit Menschen, die den Überblick über die Zeit nicht hatten (und nicht haben konnten!), der Fügung Gottes misstrauten, die Dinge selbst in die Hand nahmen – und am Ende dann doch nie die Kirche reformierten oder besserten, sondern sich, ihre Anhänger und Nachkommen vom Felsen Petri abgeschnitten haben. Ich habe mal eine protestantisch-hochkirchliche Kleinschrift gelesen, in der Ignatius von Loyola mit Luther verglichen wurde. Das Ergebnis war so in etwa, dass die beiden dasselbe gesagt hätten in vielen Punkten, und dass es unverständlich, böse Kirchenpolitik und ungerechtfertigt sei, dass der eine Heiliger, der andere Häretiker sei. Was diese Kleinschrift ignoriert: Wie bei zahllosen geistlichen Größen gibt es auch bei Ignatius Aussagen, die man missverstehen, verzerren, in ungünstiger Weise auslegen kann, während Luther auch lobwürdige Sachen gesagt und geschrieben hat. Bloß: Der eine hat sich in allem dem Urteil der Kirche unterworfen, der andere nicht. Und das macht dann am Ende in diesem Fall eben den Heiligen aus: Die volle Gemeinschaft mit der Kirche, die immer auch die volle Gemeinschaft mit dem Papst sein muss.
Die Zusage, dass die Pforten der Hölle die Kirche, die auf den Felsen Petri gebaut ist, nicht überwältigen werden, steht. Darum ist es für uns kleine, arme und in unserem Blickwinkelchen gefangene Gläubige am besten und sichersten, tiefe Wurzeln in diesen Felsen zu schlagen und uns durch keine Versuchung, sei sie noch so süß, verspräche sie noch so viel Sicherheit, gäbe sie noch so viel Selbstzufriedenheit, davon weglocken zu lassen.
P.S.: Mir ist durchaus klar, dass ein ebenfalls großes Ärgernis auch diejenigen sind, die den Papst immer dann als Autorität anführen, wenn das, was er sagt, zufällig mit der eigenen Meinung übereinstimmt, und ihn auffällig ignorieren, wenn das Gegenteil der Fall ist.
Heiliger Petrus und Heiliger Paulus, bittet für uns!
Wenn meine Frau mir jeden Tag Rosenkohl vorsetzen würde, wäre das ein berechtigter Kritikpunkt an ihrer Kochkunst. Aber von meiner Liebe zu ihr dürfte das nichts wegnehmen. Das gilt im übrigen auch für mich, wenn meine Socken ständig mal wieder irgendwo in der Ecke landen.
@Gerd
Man tut gut daran, die andauernden Ausdünstungen von Socken und Rosenkohl nicht zu unterschätzen (Pforte der Hölle!) – es ist ein Trennungsgrund, wenn man den Partner „nicht mehr riechen kann“. 😉
@Hildegard
Ich bin froh dass ich meine Frau habe, eine Trennung kommt nicht in Frage, dafür ordne ich sogar meine Socken und meine Frau den Speiseplan…….;-)
Im Zusammenhang mit Papst Benedikt ist ja der Begriff der „sprungbereiten feindseligkeit“ geläufig, mag wohl sein, dass jeder Papst mit dieser leben muss – je nachdem wen er auf seiner Seite hat und wen eher nicht.
Allerdings: Wenn ich so die lange Reihe der Päpste sehe (selbst wenn wir die Borgia mal raus lassen), frage ich mich schon, was dieses Amt insgesamt mit der Nachfolge des Apostel Petrus zu tun hat. Ja klar Sünder allesamt, wie alle Menschen, aber solche Entfernung zum Ursprung finde ich schon irritierend.
„aber solche Entfernung zum Ursprung finde ich schon irritierend.“
Ich würde nicht irritierend verwenden sonder erstaunlich.
Das Pro und Contra „Papst“ mag für etliche Leute tatsächlich ein solider Zeitvertreib sein, sei es drum.
Wenn ich an den Papst/das Papstamt denke, habe ich ein Bild vor Augen (das übrigens sehr viele Leute kennen) das genau das ausdrückt, womit ich den Heiligen Vater identifiziere. Es ist „His Master’s Voice“, verwendet als der deutsche Slogan „die Stimme seines Herrn“ der Deutschen Grammophon. Das Hundchen, das vor dem Lautsprecher sitzt und lauscht. Das drückt für mich die Substanz des Petrusamtes aus, lauschen auf die Stimme seines Herrn. Lauschen, Horchen, Gehorchen, das gibt dem Amt und dem Menschen Festigkeit, Ordnung und so kann er uns, seine Brüder, im Glauben stärken. Ist das nicht schön?
Das ist eine wunderschöne Beschreibung!
Und danke für den Hinweis. Ja. In meinem Leben ist das auch kein Problem, aber ich sehe ja, wie sich Menschen der Kirche entfremden, weil ihnen der Papst nicht passt. Und das ist extrem traurig, weil sie gar nicht merken, dass sie genau das tun, was sie verurteilen.
Schön geschrieben 😊 Kudos dafür.
Danke!