#IamKonstanz: Rumopfern statt Aufopfern
Neulich war ich unter Modernisten unterwegs und durfte Zeuge eines Phänomens werden, das sich leider nicht so einfach auf den Punkt bringen lässt. Ich nenne es mal behelfsweise „Selbstvictimisierung“. Es gab einige Diskussionen, bei denen ganz selbstverständlich war, dass der Synodale Weg toll sei, Frauen Priesterinnen werden können müssten, die Kirche Homosexuelle segnen müsse, etc. Im Feedback am Schluss wurde dann fast nonstop gelobt, wie „offen“ die Diskussion gewesen sei, dass man so „ehrlich“ hätte sprechen können, „ohne Tabus“.
Ich habe den Diskurs natürlich mitnichten als „offen“ erlebt, denn eines hatte hier ganz deutlich keinen Platz: normale römisch-katholische Positionen.
Der mit erleichtertem Seufzen geäußerte Satz, man habe hier endlich einmal offen sprechen können, suggeriert ja, man könne dies ansonsten in der katholischen Kirche nicht. Er klingt, als hätte der Großinquisitor überall seine Schergen eingeschleust (*hust*… nein…da war kein Spitzel der Inquisition anwesend, ich schwör‘), hätte alles verwanzt, säße eingehüllt in einen Nazgûl-Umhang lachend in einem geheimen Kellerraum der Engelsburg vor abertausenden Monitoren, mit denen er die armen frommen Deutschkatholiken überwacht.
Das ist ungefähr – minimal überspitzt – das Szenario, das diese Leute sich in ihren Köpfen vorstellen. Weshalb sie sich gerieren wie Opferlämmer, die sich für Gewissensfreiheit und Aufklärung aufs Schafott führen lassen.
Natürlich hat das mit der Realität überhaupt nichts zu tun: Eigentlich müsste einem Großteil der Theologen in Deutschland die Lehrerlaubnis entzogen werden, würde man nachforschen, müsste man Millionen von Katholiken exkommunizieren. Anders lässt sich nicht erklären, dass argumentativ bestens aufgeschlüsselte Lehren von herablassenden Theologendarstellern behandelt werden, als seien sie völlig irrationale Spinnereien alter Männer, die eben nicht anders können, aber keinesfalls irgendwie ernst genommen werden müssten. Anders lässt sich nicht erklären, dass Laien selbst einfache Grundlagen des Glaubens innerlich ablehnen. Selbst eklatante Irrlehren werden derzeit in Deutschland praktisch nicht geahndet. Man schaue sich nur an, in welch senil anmutendem Starrsinn ein Küng wirklich enormen Schwachsinn fabrizieren musste, um eine Reaktion zu provozieren (ich muss an dieser Stelle mal wieder die Anekdote bringen, dass, als sein „Weltethos“ rauskam, der lutherische Pfarrer meiner Gemeinde eine gewaltig polternde Predigt dagegen hielt, dass das Glas an den Kronleuchtern zu zittern und zu wackeln begann. Man muss beileibe nicht katholisch sein um das heftig abzulehnen). Wäre dem Papst bewusst, wie schutzlos die deutschen Gläubigen einem Heer von glaubenslosen Theologen ausgeliefert sind, er würde die Einrichtung oben genannten Kellerraums womöglich in Erwägung ziehen.
Wäre es in Deutschland gefährlich, als Katholik eine un- oder antikatholische Äußerung zu tätigen, würde es keine öffentlichen Kommunionspendungen an Andersgläubige geben. Es würden nicht unter kirchlichem Dach Vorträge von Leuten geduldet, die Frauenpriestertum fordern. Und es würde auch nicht ständig allerorten irgendeine Gemeindereferentin oder Pfarrgemeinderätin meinen, in der Messe das Mikro ergreifen und irgendetwas intellektuell unbefriedigendes predigen zu müssen. Dies ist aber trauriger Alltag in Deutschland.
Gern wird dabei auf Heilige hingewiesen, die zu ihren Zeiten an der Kirche gelitten haben, weil sie Gehorsam geübt und sich dem Urteil der Kirche unterworfen haben. Das ist natürlich eine völlige Verdrehung: Diese Heiligen haben nicht „herumgeopfert“, sie haben ihre Leiden und ihr Ringen aufgeopfert, weil sie lieber jahrelang unverstanden und angefochten blieben, als sich von der Kirche zu trennen.
Die heutigen Kritiker zeichnet dagegen ja gerade ihr Ungehorsam aus. Und eine gewisse Schizophrenie – einerseits demonstriert man wo man kann, dass man die Mehrheit hinter sich hat. Deutschkatholizismus hat schließlich schon lange die Hoheit übernommen, einmal im akademischen Bereich, weshalb ja auch deutsche Theologie international niemanden mehr interessiert, aber ebenso bis hinunter ins Gemeindeleben. Diese Überlegenheit wird aber flankiert vom erbarmungswürdigsten Gejammer: Man tut nicht in erster Linie nach außen hin so, als sei man ein Opfer, man hat sich selbst vollends überredet, eines zu sein. Das, was auf allen Kanälen von ZDK bis DBK läuft, was jedes zweite social media-Statement des BDKJ frech agitatorisch verbreitet, und was alle sagen, ist angeblich unglaublich gefährlich, und darf nur unter Raunen im kleinen Kämmerlein gesagt werden. Durch diese Dämonisierung verhindert man, sich wirklich mit der Position der Kirche auseinandersetzen zu müssen. Und zwar „offen“, d.h. mit der Option, die eigenen Position unter Umständen revidieren zu müssen. Der Post-68er möchte nicht aggressiv herüberkommen; menschenfreundlich möchte man sein, nächstenlieb, offen und tolerant. Da Modernisten all dies im Allgemeinen nicht sind, sondern im Gegenteil allzu häufig ignorant, intolerant und überdies unfähig, ihren eigenen Horizont zu erweitern (was sich im konkreten Fall u.a. darin zeigt, dass selbstverständlich davon ausgegangen wird, bei einer Diskussion habe kein Anwesender anderslautende Positionen, obwohl solche ja einfach nur mit dem Lehramt übereinstimmen würden, also nun nicht besonders exotisch wären), muss der Gegner einfach in dem Maße schlecht gemacht werden, in dem man den eigenen Maßstäben nicht gerecht wird: Deshalb wird über die hierarchisch organisierte Kirche gesprochen, als habe sie zu Konstanz bereits hunderte Scheiterhaufen bauen lassen um alle postmodernen Jan-Hus-Adepten in einem gewaltigen Autodafé zu vernichten.
Ach wissen Sie, ist es nicht so, dass ein unerwarteter Windstoß den Vorhang zur Seite weht und wir sehen, dass da gar nichts ist?
Wie anders ist das denn alles zu erklären?
Grobe Fehleinschätzung der eigenen geistigen Kapazitäten erklärt schon ziemlich viel, finde ich…
„Wäre dem Papst bewusst, wie schutzlos die deutschen Gläubigen einem Heer von glaubenslosen Theologen ausgeliefert sind,“
Ich denke schon, dass es den Päpsten in den vergangenen 40 Jahren bewusst war, was in teutschen Landen so abgeht. Die Häresien fallen ja nicht wie faule Früchte von den Bäumen sondern der Fäulnis geht ja ein Prozess voraus. Ob dieser Prozess, von den deutschen Bischöfen beschleunigt und begünstigt wurde, wird in den Geschichtsbüchern der Zukunft zu lesen sein. Paulus schrieb in einem seiner Briefe: „Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte!“ In der Gegenwart wurde daraus: „Bezahlt den Übeltäter großzügig!“
„… aber ebenso bis hinunter ins Gemeindeleben. Diese Überlegenheit wird aber flankiert vom erbarmungswürdigsten Gejammer …“
Vor meinem Wegzug aus der reformierten Diaspora und unmittelbar vor der Coronakrise stand eine Pfarrgemeinderatswahl an. Nach der Vorabendmesse lässt der Pfarrer noch ein Mitglied ans Mikrophon treten: „Wir bitten Sie um rege Wahlbeteiligung, denn es ist unser aller Anliegen, dass die Mitbestimmung der Laien gestärkt wird.“ Nein, habe ich mir gedacht, Du Depp sprichst nicht für mich – mir wäre es lieber, wenn überhaupt keine Laien mehr im Altarraum (und anderswo) rumhüpfen würden. Man nützt eine öffentliche Situation (Messe), die keinen Widerspruch erlaubt, um einen demokratischen Mangel zu inszenieren. Ansonsten bleibt man schön unter sich und weiß, dass von daher auch kein Widerspruch aufkommen wird.
Am Schwedenplatz flattert auch weithin sichtbar die Regenbogenfahne von der Ruprechtskirche. Ha, was für aufrechte Kämpfer. Ist zum Glück nicht meine Gemeinde.
Tausend Dank für diesen Artikel.
Ich halte ja Atheismus für prinzipiell humorlos und strunzdoof, Katholizismus für das genaue Gegenteil.
Wenn nun Menschen, die sich für gläubig halten (oder aus irgendwelchen Gründen dafür gehalten werden wollen), sich humorlos und strunzdoof aufführen, dann vermute ich, daß sie weite Teile des Glaubens verloren haben.
Naja, das fragwürdige Erlebnis höhnisch zur Hölle gewünscht zu werden, ist mir eine bis heute einzigartige Erfahrung mit Ihnen und dem Katholiszismus geblieben, ob das ein Nachweis von Glauben ist, weiß ich nicht, bisher konnte kein Atheist das toppen. Ich sehe da eigentlich ganze Mammutbäume statt Splitter im Auge. Vielleicht ist das auch das Problem.
@Andreas
„…das fragwürdige Erlebnis höhnisch zur Hölle gewünscht zu werden, ist mir eine bis heute einzigartige Erfahrung mit Ihnen und dem Katholiszismus geblieben…“
Nun, Sie müssten schon etwas genauer darlegen (falls dies nicht zu persönlich ist), warum das ein spezifisch katholischer Angriff auf Sie gewesen sein soll oder ob das nicht eher wie eine ‚Redensart‘ gebraucht worden (was nicht meint, dass so etwas zu entschuldigen sei). Natürlich gibt es überall humorlose. bigotte und verbitterte Leute. Und die Mammutbäume im Auge sind ja auch nichts spezifisch katholisches.
Grundsätzlich gebe ich Claudia Sperlich aber schon recht – wenn es vielleicht nicht auf jeden Einzelnen zutreffen mag, mentalitätsmäßig/statistisch auf jeden Fall. Die Kirchen und die Frauen sind in katholischen Landstrichen auf jeden Fall schöner, die Leute entspannter und liberaler. Ich habe im islamischen Ausland und in der reformierten Diaspora gelebt, daher meine ich schon, gewisse Vergleichspunkte zu haben…
Nun der Wunsch mich betreffend in der Hölle zu landen, geäußert von einer Blogbetreiberin die ihr katholisch sein ja in den Vordergrund dieses Blogs stellt, also in voller Überzeugung der Existenz der Hölle (wenn sie denn glaubt) einem anderen Menschen die ewige Verdammnis wünscht, hat für mich mit katholizismus zu tun. Wenn mir ein Atheist oder Lauchrist ein „Fahr zur Hölle“ spricht ist das ja einfach nur eine Beleidigung, an deren Inhalt derjenige ja selbst nicht glaubt.
Und selbst dieses inhaltsleere Verwünschung ist mir bisher noch bei keinem Atheisten oder Protestanten widerfahren.
Es bleibt die bisherige Spitze der Unbarmherzigkeit, erfahren im Erleben des real existierenden Katholiszismus.
Äh… Geht es um mich? Wann hätte ich das bitte getan? Ich kann mich ehrlich nicht entsinnen und obwohl ich mir der eigenen Schwächen durchaus bewusst bin, kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen, jemals jemanden in die Hölle gewünscht zu haben.
Lieber Andreas, die Stoßrichtung Ihres Beitrages war mir erst klar geworden, als ich meine Antwort bereits abgeschickt hatte. Wenn es stimmt, was Sie sagen, lesen Sie Mt. 6,5 – unser Herr hat zu all dem schon das Notwendige gesagt.
(Allerdings würde ich Ihnen dazu raten, derartige Konflikte nicht in fremden Blogs auszutragen – und noch mehr rate ich Ihnen von ganzem Herzen: Nein, solches Verhalten hat nichts mit real existierendem Katholizismus zu tun.)
Ich wünsche Ihnen gesegnete Pfingsten!
@Anna: Nein, Frau Sperlich war so freundlich. Ich nehme Ihnen selbst tatsächlich ab, das Sie glauben.
@Sokleidas: Auch wenn dieses drastische Fall mich direkt betraf, dient er meiner Ansicht nach sehr gut die (mich immer weniger) überzeugende Glaubenswelt des Katholiszismus zu illustrieren. Das meinte ich mit meiner Grundaussage, dass der Vorhang zur Seite geweht wird und den Blick auf die große Leere freigibt.
So wie die katholische Kirche nun segnet, was nicht zu segnen ist (mit ganz leisem Protest), wie Priester ihre jahrelang verheimlichte (und praktizierte) Homosexualität ausleben und Zeitungsinterviews geben, kurz vor ihrem Tod Nonnen heiraten, mit denen sie seit 30 Jahren zusammenleben, eine Jugendorganisation finanziert, die Sonntags mit Genderstern ausschläft, sich im Mißbrauchsskandal unwürdig und unbarmherzig zeigt und lieber Nobelkarossen fährt, statt das Geld zur Bekämpfung der Abtreibung aufzuwenden.
Ja ich weiß, das Gegenargument ist immer, dass eben schwache Menschen die Kirche bilden, aber der Rest führt eben wenigstens kein Theater vor dem Vorhang auf.
Also, erst mal bin ich erleichtert, dass ich so etwas nicht gemacht habe.
Zwei Dinge: Ich habe auch schon mal Probleme mit anderen Katholiken, auch mit Claudia habe ich schon meine Konflikte gehabt. Sie kann auf jeden Fall sehr impulsiv und auch mal beleidigt sein, kenne ich irgendwoher… Beides keine Schwächen, die nur sie auszeichnen würden oder die besonders exotisch wären. Sie wissen auch z. B. nicht, ob sie bereut hat. Ich kenne nun auch den Sachverhalt nicht und muss ihn auch nicht kennen.
Das Zweite: Ich finde, Sie beleidigen sich selbst, wenn Sie versuchen, Ihren Unglauben mit schlechtem Verhalten von Katholiken zu begründen. Erstens machen Katholiken oft genug klar, dass sie nicht besser sind als andere, sondern bloß wissen, dass sie krank sind. Wären wir per se frei etwa von der Möglichkeit, in angepisstem Zustand jemanden zur Hölle zu wünschen, wäre die Aussage, wir seien auch nur Sünder, ja selbst eine ziemliche Heuchelei. Vor allem aber verliert die katholische Wahrheit durch so etwas kein Jota an Stichhaltigkeit.
Abgesehen davon ist es ja nun hyper mega billig, alle guten Beispiele aufopferungsvoller Katholiken zu unterschlagen, bloß das offensichtliche Fehlverhalten zu nennen und sich dann darin zu sonnen, dass man den katholischen Glauben „immer wenige überzeugend“ finden würde.
Auf dem Weg zum Unglauben scheint keine Sonne, die Leere hinter dem Vorhang erzeugt kein triumphales Hochgefühl es ist halt Stockfinster.
Und: Sie können mir im „angepissten Zustand“ – auch wegen Lappalien alles an den Kopf werfen, wenn Sie aber als gläubiger Katholik jemandem das schlimmste Schicksal wünschen, dass einer Seele beschieden sein kann, dann sind Sie eben viel schlechter als alle anderen Sünder, die einfach nur beleidigen.
Und: Wer wie Sie offensichtlich die Gnade tiefer Gläubigkeit hat, den erschüttert Fehlverhalten wohl kaum. Wenn man diese Gnade nicht hat, sieht das eben anders aus.
I beg to differ.
Erstens braucht es dazu gar keinen Glauben, sondern nur Nachdenken: Was sagen Katholiken von sich selbst? „Wir sind Sünder“ Wie äußert sich Sünder sein? Man begeht Sünden. Ergo: Die Katholiken sagen die Wahrheit über sich. Was sagt der katholische Glaube über sich? Dass er wahr sei. Was sagt er über die Katholiken? Dass sie Sünder sind.
Übrigens: Ich ärgere mich sehr und viel über das schlechte Beispiel von Katholiken. Völlig klar. Aber ich bin mir tatsächlich völlig bewusst, dass ich, solange ich eine schlimme Sünderin bin, keinen Anspruch darauf habe, dass andere besser seien als ich. Darum, wie gesagt, bleibt die Verantwortung für Unglauben beim nicht Glaubenden. Denn erstens Sie schaffen es ja bezeichnenderweise, alles Gute, das Katholiken aus dem Glauben heraus getan haben, zu ignorieren, zweitens verlangen Sie Rechtschaffenheit von anderen, ohne sie selbst einzulösen. Sie könnten ja auch um die anderen Lügen zu strafen, einfach mal versuchen, ein besserer Katholik zu sein als jene. Aber da Sie da wahrscheinlich auch scheitern würden, lehnen Sie sich lieber aus der Außenperspektive zurück. Das Missverständnis hier ist: Ein Scheitern hat wenigstens den Versuch vorausgesetzt, und auch der hat einen Wert!
… Nachtrag: Oder wie kommen Sie von der Tatsache, dass Ihnen ein Katholik die Hölle gewünscht hat, auf die Idee, dass dann wohl Nächstenliebe schlecht sei, oder Jesus dann nicht der Sohn Gottes sein könne, oder die Tatsache, dass der Mensch zur Liebe geschaffen ist, dadurch weniger wahr würde? Das wäre doch völlig hanebüchen. Sie denken ja auch nicht, dass es falsch sei, Häuser zu bauen, weil sie Feuer fangen und niederbrennen könnten.
@Andreas: Also bei allem guten Willen – wenn Sie meinen, einigermaßen bemühten Katholiken dieses pauschale Sündenregister um die Ohren hauen zu müssen, für das sie nicht verantwortlich sind und unter dem sie selbst leiden, dann kann ich schon verstehen, dass man dabei die Fassung verlieren kann. Letztlich muss man halt dann doch immer vor der eigenen Haustür kehren. >:/
Ich bin grundsätzlich friedfertig, deshalb „haue ich auch niemandem etwas um die Ohren“und meine Ansichten können jedem „einigermaßen bemühten Katholiken“ sekundär sein. Wenn lächerliche Lappalien aber nicht nur „die Fassung verlieren lassen“, sondern die Verdammnis heraufbeschwören und das „pauschale Sündenregister“ von denen in dieser Form gefüllt wird, wie es eben getan wird, das zweifle ich eben das da über Mummenschanz hinaus irgendetwas ist.
Wir warten mal, was beim Ende des „synodalen Weges“ herauskommt. Ich habe dazu heute einen bemerkenswerten Satz gelesen “ Wenn man sieht, wie zeitgeistig die heutige Kirche ist, zweifelt man daran, dass sie genau das schon immer war.
Ich möchte Ihnen Ihre Meinung wirklich lassen, aber haben Sie doch bitte die Güte, mir zu erklären, wieso und wie Sie jegliches fromme Werk aus Ihrer Gleichung tilgen? Wo haben die rechtgläubigen Verlautbarungen, Schriften und Taten einem Platz?
Ich glaube, dass kann ich am leichtesten erklären. Fromme Werke und Verlautbarungen können auch ohne Glauben vollbracht werden, vielleicht einfach aus humanistischer Sicht oder auch Gewohnheit. Dafür kann man auch Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr sein, oder einen sozialen Beruf ergreifen.
„Ich bin grundsätzlich friedfertig…“
Nein, das sind Sie nicht, sonst hätten Sie zum einen überhaupt den ganzen Anlass auf sich beruhen lassen: Mt. 5,39. Zum anderen hätten Sie sich jetzt auch den „Mummenschanz“ verkniffen. Soweit ich sehe, haben Sie gerade in diesem Forum, aber auch in Nachbarforen, regelmäßig sehr ernsthafte und sehr wohlwollende Beiträge erhalten, wenn Sie hier Ihre Glaubenszweifel thematisiert und um Antworten gebeten haben.
Jetzt lassen Sie mal diese ganze heiße Luft da raus. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass Ihnen kein Mensch die ewige Verdammnis wünscht, auch Frau Sperlich nicht.
Gut, für mich bedeutet friedfertig, meinem Mitmenschen nichts schlechtes zu wünschen, was ich noch nie- schon gar nicht in dieser Form getan habe.
Sie haben dafür andere Definitionen und das ist auch ihr gutes Recht.
Ich denke ich wollte mir bisher nicht eingestehen, dass das nun einmal nicht mein Weg ist, weil ich diese „Glaubenszweifel“ eben nicht überwinden kann. Es heißt ja, wenn man erkennt das das Pferd tot ist, soll man absteigen, statt versuchen weiter zu reiten. Das tue ich jetzt.
Haben Sie dennoch vielen Dank für Ihre Zeit.
So einfach kommen Sie da nicht heraus. Glaubenszweifel? Pfiffkäse. Früher hatten Sie mal ernsthafte Glaubenszweifel. Jetzt sind Sie beleidigt, und das ist (wenn die Berichte so stimmen) auch verständlich, aber eben nicht mehr als das. Daß Sie beleidigt sind, ist kein Glaubenszweifel. Daß Sie beleidigt sind, ist nicht einmal Argument.
Und daß vielleicht irgendein Katholik – von denen es bekanntlich auch unsympathische gibt, bei denen der Gedanke an das künftige Beisammensein im Himmel jetzt nicht *spontan* das Herz erfreut, wo der Gedanke, daß die Gemeinschaft mit ihnen im Himmel eine Nebenfreude sein wird, im Glauben hingenommen werden muß statt einleuchtend zu sein; aber das ist, wichtiger, die *Ausnahme* – vielleicht irgendwo tatsächlich mal Dinge ausgesprochen hat, die er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so meint, mag eine Tatsache sein, aber daß Sie daraus irgendeinen Zusammenhang mit dem Glauben ziehen, der im übrigen nie behauptet hat, daß so etwas nicht vorkommt (auch wenn es bei Ihnen selbst, mag ja sogar sein, nicht nur nicht angestrebt ist sondern auch ausnahmsweise nicht vorkommt), ist nicht nur kein Argument, sondern auch von Ihnen nur die erkennbar nachträgliche Rationalisierung der völlig hanebüchenen Tatsache, daß Sie aus ihrem Beleidigtsein einen Glaubenszweifel machen wollen. Wir haben nie behauptet, eine besonders hohe Moral *erreicht* zu haben, und auch bei der, die wir anstreben, ist das nur, weil wir unbedingt müssen. Was wir *wollen*, ist Spaß mit dem Herrgott zu haben. Dabei, wenn’s geklappt hat, zufällig moralisch geworden zu sein, ist ein Nebeneffekt, und man gehört schon in gewisser Weise zu den Fortgeschritteneren, wenn einem der Nebeneffekt wenigstens angenehm ist.
Daher habe ich zwei Ratschläge für Sie:
1. Jetzt kneifen Sie mal die Arschbacken zusammen.
Wenn Sie nicht glauben wollen, weil Sie nicht glauben *wollen*, dann haben Sie wenigstens den Anstand, nicht irgendwelche Leute wegen irgendwelcher Dinge, die in dieser unserer Welt leider halt mal vorkommen (wenn Sie nicht, was auch sein kann, Mißverständnisse waren) dafür zu Schuldigen. Das ist nämlich unangenehm und, nebenbei bemerkt, weitaus weniger „friedfertig“, als wenn einem im Eifer des Wortgefechts mal die Zunge auskommt.
2. Ein weiterer Rat: Trinken Sie ein Bier. Okay, vielleicht erst am Abend. Aber dann: Prost.
@Nepomuk: Zunächst mal vielen Dank für Ihre Antwort, die ich wie immer sehr gerne lese.
Nur zu Klarstellung: Ich bin überhaupt noch niemandem begegnet, der – weil er sich über irgendeinen Käse den ich gesagt haben mag ärgerte – sich gewünscht hätte ich würde – nehmen wir ein atheistisches Äquivalent – in einem südamerikanischen Folterknasst langsam verrecken. „Mal die Zunge auskommt“ trifft es meiner Ansicht da nun wirklich nicht.
Was aber viel wesentlicher ist: Das Thema Glaubenszweifel hat nichts mit dieser Verwünschung zu tun – dass der Eindruck entsteht ist mein Fehler, da ich das so umfassend thematisiert habe – es war mir halt eine einmalige Erfahrung.
Ich bezog mich auf den Hinweis von Sokleidas, dass ich in diesem und anderen Foren sehr wohlwollende und ernsthafte Antworten zu meinen Glaubenszweifeln bekommen habe. Und das stimmt ja auch.
Ich komme aber nun einmal damit und was ich an sonstigen Maßnahmen so für mich unternommen habe u.a, eben Gespräche mit Geistlichen, für mich letztlich nicht weiter.
Es ist für einen Gläubigen sicher nicht nachzuvollziehen, aber für mich war der Hinweis von Sokleidas einfach ein Augenöffner, dass ich mich in etwas verrannt habe und in einer Sackgasse gelandet bin.
Das finde ich selbst schade und es hat nichts mit „nicht glauben wollen zu tun“ – Glauben ist für mich keine Sache des Wollens.
Im Moment ist einfach die Stimme übermächtig, die mir sagt „da ist gar nichts“. Vielleicht wollte ich die bisher nur einfach nicht hören.
Da will ich aber mal hoffen, daß Sie das nur als Metapher meinen. Generell jedenfalls: Sie sollen nicht auf Stimmen hören (das wäre eine mormonische Art von Religiosität, und die Mormonen haben da eh Unrecht). Sie sollen prüfen, ob der Glaube richtig ist oder nicht. Daß das mit dem Wollen nichts zu tun hat, damit haben Sie erstmal ganz Recht.
Jedenfalls, wenn er richtig ist, dann kann die Stimme schwätzen so viel sie will, er bleibt doch richtig. Und wenn er (par impossible) falsch wäre, dann könnte ein religiöses Gefühl der Hingabe noch so befriedigend und moralisch noch so anstachelnd sein, er bliebe falsch.
Nur daß das, was Sie dann konkret gegen den Glauben haben, sofern Sie hier davon sprechen, nach Ausreden klingt. So etwas gibt es *auch*, und sich davon nicht ins Bockshorn jagen zu lassen *hat* mit Wollen zu tun.
„Für mich letztlich nicht weiter“: Ernsthafte Frage: Wo wollen Sie denn *hin*?
Das ist mir wirklich nicht klar.
In eine Welt, in der mit der Christenheit alles zum besten steht? (Ich kann nur darauf antworten, weil ich nur das irgendwie herauslesen kann und schließe, daß Sie das doch unter anderem wollen.) Eine solche gibt es nicht; und ich verrate Ihnen mal was, das liegt nicht daran, daß Sie das noch nicht sehen können, sondern jedenfalls *das* liegt daran, daß es *tatsächlich* nicht so *ist*. Es mag nun durchaus diskutabel sein, dem Herrgott deswegen Vorhaltungen zu machen (jedenfalls ist es gestattet; und viel wäre gewonnen, wenn sich etwas mehr von dem diesbezüglichen Freimuts Hiobs und der Psalmisten bei uns wieder breitmachte); aber *nicht* diskutabel ist, diese Tatsachen zu leugnen.
Na klar, es geht nicht um den kleinen Mann im Ohr; nennen Sie es ein Erkennen, ein Bewußtwerden, einen kräftigen Impuls in der eigenen Gedankenwelt -also kein Thema für ein neues Buch von Hesemann.
Wo will ich hin? Einfach formuliert zur Wahrhaftigkeit, die über das eigene Sein hinausreicht und der Seele Ruhe gibt.
Das Gefühl hat sich – trotz aller Bemühungen nicht eingestellt und das kann man eben auch nicht erzwingen und vielleicht ist das eben auch die einfachste Erklärung, dass das für mich selbst Ihr Glauben keine Antwort bietet und nach anderen Wegen verlangt.
Darüber hinaus finde ich das Argument „der Christenheit in der alles zum Besten steht“ (Sie sind ja nicht der Einzige,der dieses Bild verwendet) doch sehr platt. Es geht ja nicht nur um Unsympathen oder Unmenschen auch unter Christen, sondern z, B, um einen „synodalen Weg“ der aufgrund der Finanzstärke des deutschen Klerus ja nun bis nach Rom führen soll, also in die Tiefen des Glaubens.
Für mich drängt sich dann eben die Erkenntnis auf, dass da eben keine ewig gültigen Wahrheiten ruhen, oder nicht mehr bewahrt werden sollen – eben wie ein Schild das jemand hochhält und auf dem steht „gräme Dich nicht mehr, wir glauben auch nix wirklich“.
So nahe bin ich dem Glauben im besten Sinne eben nie gekommen, um das auch noch hinzunehmen.
„Wo will ich hin? Einfach formuliert zur Wahrhaftigkeit, die über das eigene Sein hinausreicht und der Seele Ruhe gibt.“
Dann müssen Sie Yoga machen.
„Für mich drängt sich dann eben die Erkenntnis auf, dass da eben keine ewig gültigen Wahrheiten ruhen, oder nicht mehr bewahrt werden sollen – eben wie ein Schild das jemand hochhält und auf dem steht ‚gräme Dich nicht mehr, wir glauben auch nix wirklich‘.“
Unglaube hat es in der Kirche schon immer gegeben, das ist nix Neues. Ansonsten geben Sie nach wie vor nur Ausreden zum Besten.
Wissen Sie, wie mein Weg zurück begonnen hat? Mit der Mißbrauchskrise, so gegen 2008 oder 2009. Zu diesem Zeitpunkt war ich bestimmt schon 10 Jahre oder mehr in keiner Messe mehr. Meine erste Reaktion war: So, jetzt trete ich aus diesem scheiß Verein von ungläubigen Heuchlern und Verbrechern aus. Und dann habe ich plötzlich gemerkt, dass das eben nicht so leicht ist, mal eben zum Standesamt zu gehen und den Austritt zu erklären. Das war erste Legostein angeblicher Selbstsicherheit, der weggebrochen ist.
Ansonsten hören wir nach wie vor nur Ausreden von Ihnen, die grosso modo auch auf die EKD anwendbar sind.
Es ist doch ganz einfach: Christus ist von den Toten auferstanden; das ist eine Tatsache. Er hat die katholische Kirche mit ihrem Papsttum ins Leben gerufen und es unmöglich gemacht, daß sie als solche jemals abfallen wird, das ist auch eine Tatsache (genauer, wenn wir vorläufig das Argument mittels der Autorität der hl. Schrift außer acht lassen: Das war logisch für seine erlöserische Unternehmung nötig, und die Berichte, daß er genau das getan hat, werden insoweit gar nicht ernsthaft bestritten, woraus wir mit Gewißheit schließen, daß es der Fall war).
An diesen Tatsachen ändert nullkommagarnichts, daß eine große Masse der deutschen Katholikenschaft scheinbar oder tatsächlich die von ihnen angesprochenen Schilder hochhält. Das kann einen dann höchstens *verwundern*, daß es (trotzdem!) so ist. Klar doch. Mich wundert es ja auch, oder es würde mich wundern, wenn ich mich nicht längst schon so sehr daran gewöhnt hätte, daß die Verwunderung (die anders als die Überzeugung, anders auch als der Glaube *tatsächlich* eine Emotion ist und für die ich daher nichts kann) leider ausbleibt. Aber daß das so strange ist, ändert an den *Tatsachen* nichts. Tatsachen sind kein Mittelding gegebenenfalls widerstreitender Gefühle, sondern sie sind einfach da. Ebenso ändert ja zum Beispiel – für das Beispiel entschuldige ich mich – die Tatsache (präziser: die gut begründbare und menschlich auch ohne ultimative Böswilligkeit anzunehmen naheliegende und nachvollziehbare Unterstellung), daß etlichen Leuten in Machtpositionen die Coronapandemie durchaus ganz gelegen kommt für gewisse Zwecke und sie durchaus daran gefallen finden, nichts an der Tatsache, daß es diese Krankheit gibt.
„Der Glaube muß falsch sein, denn die Gläubigen haben nicht verdient, daß sie Recht haben“ ist mithin genau das, was mit dem Wort „Verschwörungstheorie“ bezeichnet wird (das Wort hat, über gewissen Übertreibungen im politischen Meinungskampf wollen wir das nicht vergessen, einen echten Inhalt, der mit Recht angegriffen wird). Der Fehler liegt im Wort „denn“. Das eine folgt nicht aus dem anderen, sondern hat mit ihm argumentativ gar nichts zu tun. Ich kann’s auch nicht ändern.
That being said:
Wenn Sie einmal die Wahrheit (die „Wahrhaftigkeit“ ist eine persönliche Charaktereigenschaft, die nicht groß gefunden werden muß, sondern einfach verstanden werden kann und bloß geübt werden muß) gefunden haben werden, dann wird davon, so es noch auf Erden stattfindet, *nicht* unbedingt ruhig werden. Die Welt liegt *tatsächlich* im argen. „Würden wir nur die Christen mit der Objektivität betrachten, die wir den Chinesen gegenüber an den Tat zu legen pflegen, dann wären wir voll der Bewunderung für die Subtilität der chinesischen Weltanschauung, die in der Tatsache, daß die Menschen unvollkommen sind, eine tatsächliche groteske Unvollkommenheit erblickt“ (Chesterton, auf die Schnelle unvollkommen übersetzt).
Es ist aber legitim, als Christ zu baden, sich sportlich zu verausgaben und (um mich zu wiederholen) z. B. Bier zu trinken.
„Ich komme aber nun einmal damit und was ich an sonstigen Maßnahmen so für mich unternommen habe u.a, eben Gespräche mit Geistlichen, für mich letztlich nicht weiter.“
Lieber Andreas, ich glaube, dass Gespräche mit Geistlichen eigentlich nur ein Aspekt des Themas von vielen sind, und vielleicht noch nicht einmal ein besonders relevanter, weil Geistliche in der Regel auch nicht klüger sind als wir alle (in Abwandlung eines geflügelten Wortes von Ludwig Thoma, das meiner Kenntnis nach auf Juristen gemünzt ist: „Er war ein guter Theologe und auch sonst nur von mäßigem Verstande“).
Das Christentum – und der Katholizismus im Besonderen – ist in der Tat eine denkende Religion. Mir fiele nichts in dieser Welt ein, wo es eine derartige Akkumulation an Geistesschätzen gibt wie in der Kirche.
Aber noch viel mehr ist es eine Religion des Praktizierens. Wenn Sie den „Mummenschanz“ (wie Sie so schön gesagt haben) von synodalem Weg oder 85-jährigen frustrierten, modernistischen und vom Vaticanum II enttäuschten Priestern (grade am Pfingstmontag wieder erlebt) und den vollkommen irrationalen Umgang mit Covid-19 mal weglassen, gibt es nur nur einen einzigen Weg, wenn sie wirklich zum Glauben kommen *wollen*: Jeden Sonntag in die Messe gehen, das ganze Kirchenjahr mit allen Festen mitgehen, die überlieferten Gebete und Hymnen kennenlernen, und ein paar Jahre Geduld haben. (Und wenn Sie Lust dazu haben, ein paar Brocken Latein zu lernen.) Obwohl ich selbst in normalen katholischem Milieu aufgewachsen bin, hat mein Weg ‚zurück‘ mindestens 6 Jahre in Anspruch genommen. Sie müssen tätig werden – sonst wird der Glaube nicht kommen. Das Christentum ist nichts, was abstrakt zwischen den Ohren stattfindet. Wir wissen alle, dass vieles im deutschsprachigen Katholizismus im Argen liegt, aber es gibt sie, die rechtgläubigen und bodenständigen Gemeinden, denen man sich anschließen kann, und wenn es eine schwarzafrikanische Exilgemeinde ist (das ist als Kompliment an diese Gemeinden gemeint).
„Ich glaube, das kann ich am leichtesten erklären. Fromme Werke und Verlautbarungen können auch ohne Glauben vollbracht werden, vielleicht einfach aus humanistischer Sicht oder auch Gewohnheit. Dafür kann man auch Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr sein, oder einen sozialen Beruf ergreifen.“
Diese Antwort war zwar an Anna gerichtet, aber sie geht an dem vorbei, was Anna Ihnen sagen will. Fromme Werke und Verlautbarungen sind ohne Glauben nichts, aber im Glauben geht es nicht um fromme Werke und Verlautbarungen.
Ansonsten stimme ich dem Kollegen Nepomuk in allem zu, was er sagt.
@Nepomuk und Sokleidas.
Haben Sie zunächst mal vielen Dank für Ihre Zeit und die Bereitschaft, sich (ein weiteres Mal) mit mir auseinanderzusetzen.
Im Moment bin ich im klassischen Sinne sprachlos und gehe mal in mich, was ich jetzt daraus für Schlüsse ziehen kann.
Nochmals vielen Dank.