Leitfaden für Bischöfe: Machtmissbrauch verhindern

Predisclaimer: Wer Satire ohne Warnhinweis versteht, kann den Disclaimer überspringen.

Disclaimer: Weil Satire heute angesichts grassierenden Narzissmus‘ nicht mehr richtig funktioniert, traue ich mich nicht, diesen Blogpost ohne Disclaimer zu bringen. Also: Es geht hier natürlich nicht um echten Machtmissbrauch. Es geht um ein Miniskandälchen, das die Synodale und Angehörige des BDKJ Viola Kohlberger inszeniert hat. Auf ihrer Ansprache auf dem Synodalen Weg ist sie in pharisäischer und unkollegialer Manier über die Kölner Bischöfe hergezogen, aber als Frau natürlich der Ansicht, dass Regeln des allgemeinen Anstands für alle anderen zu gelten haben, aber nicht für sie. Nachdem der Kölner Erzbischof in bodenloser Naivität davon ausgegangen war, dass es hier um sachliche Auseinandersetzung unter Menschen guten Willens ginge, hat er sich unterstanden, die Berufsjugendliche unter vier Augen anzusprechen – was sie in einem larmoyanten Instagramvideo als „Abfangen“ darstellt und sich selbst als Opfer von Machtmissbrauch: Schließlich ist der Kardinal ein Kardinal, und er ist auch noch größer als sie. Kein Wunder, dass frau da Panik bekommt und sich auf Instagram ausweinen muss, obwohl ihr natürlich ganz große Gefahr droht, wenn sie das macht und die falschen Leute das sehen (deshalb ein mediales Forum, das nur wenig Menschen besuchen). In dem Video gibt es übrigens keinen einzigen konkreten Hinweis auf Machtmissbrauch. Es wird nicht einmal klar, was genau er gesagt haben soll. So. Das war ein langer Disclaimer, aber ich will auf keinen Fall dieses erbarmungswürdige, peinliche Video verlinken, zumal ich mich als Frau einfach nur schäme für Geschlechtsgenossinnen, die ihre Position als Frau (sprich: „Opfer“) schamlos ausnutzen und, jawohl, *missbrauchen* und damit auch all die Millionen Frauen beleidigen und geringschätzen, die wirklich unter Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch leiden.

Machtmissbrauch ist eine ernste Angelegenheit, und nicht leicht zu verhindern, wenn man ein weißer Mann ist und einen Titel hat: Schließlich ist die einzige dem Menschen angemessene Lebensform die egalitäre Anarchie, und ein Titel ist per se Missbrauch von Macht. Weiße sind ohnehin gesellschaftlich seit jeher privilegiert, und Männer… darüber wollen wir gar nicht sprechen. Wir haben es bei einem weißen, cis-male Bischof also mit einem Triple-Täter zu tun, und jetzt kommt der Clou: Sogar ohne bösen Willen von seiner Seite. Nach 2000 Jahren europäischer Geistesgeschichte ist es etwas schwer zu fassen, aber Tatsache: Motivation ist bei Angehörigen von Täterklassen nicht nur sekundär, sondern völlig egal. Es reicht, wenn sich jemand als Opfer *empfindet*.

Was machen wir da? Kann ein männlicher Bischof nichts dagegen tun, Täter zu sein? Hilfe kommt von Laura Pia Lauchhügel, die als Sprecherin des katholisch-anarchistisch-queer-feministisch-antifaschistischen-POC-Forums „KAQFAPOCgM“ (katholische, anarchistische, queer-feministische, antifaschistische-People of color gegen Machtmissbrauch) nun einen Leitfaden gegen Machtmissbrauch vorgelegt hat. Ich bedanke mich für die großzügige Erlaubnis, diesen Leitfaden hier online zu stellen. Als Gegenleistung muss ich mich lediglich beim nächsten Marsch für das Leben bei den Gegendemonstranten engagieren, was ich natürlich mit Freude tun werde, und zwar nackt. *Linke Faust nach oben reck*. Kampf dem Sexismus!

Leitfaden gegen Machtmissbrauch durch Geistliche

  • Sprich sich als weiblich identifizierende Individuen nicht von dir aus an. Dies könnte aufgrund deiner als männlich empfundenen Identität als Bedrohung aufgefasst werden. Darüber hinaus hat aufgrund der jahrtausendelangen Unterdrückung der Frau durch den Mann der Mann abzuwarten, bis er angesprochen wird. Ausgleichende Gerechtigkeit und so.
  • Sprich sich als weiblich identifizierende Individuen nicht ohne Zeugen an. Woher soll „sie“ wissen, dass du sie nicht angreifen, sondern wirklich nur mit ihr reden möchtest? Die Zeugen sollten nicht als männlich identifiziert empfunden/gelesen werden können. Ansonsten kann sich leicht eine Bedrohungssituation einstellen.
  • Wende dich nicht indirekt (über Dritte) an sich als weiblich identifizierende Individuen. Dies wäre respektlos, weil du signalisierst, dass sie es dir nicht wert sind, von dir persönlich angesprochen zu werden.
  • Sei nicht körperlich größer und/oder massiver gebaut als eine Frau. Biologie ist überholt. Die Ansprache auf Augenhöhe sollte dir eine Hormontherapie wert sein, die den Abbau deiner Muskelmasse beschleunigt.
  • Kritisiere Frauen nicht. Das ist patriarchaler Machtmissbrauch.
  • Trage keine Soutane. Eine Soutane ist technisch gesehen ein Kleid und damit gender appropriation, die als respektlos gegenüber Frauen gewertet werden muss.
  • Trage keinen Priesterkragen. Ein Priesterkragen ist ein atavistisch-patriarchales Symbol für Unterdrückung durch Autorität.
  • Trage keine Krawatte. Diese könnte als Drohung wahrgenommen werden. Schließlich könnte ein Mann eine Frau mit einer Krawatten erdrosseln. Oder so.
  • Sei nicht als Priester erkennbar.
  • Betone nicht zu Beginn eines Gesprächs, dass deine Titel dir nicht wichtig seien. Dies deutet an, dass du in herablassender Weise mit deiner Position umgehen kannst, weil sie machtvoll ist.
  • Stelle dich nicht mit Titel oder Funktion vor, da du damit automatisch Autorität und Macht missbrauchst.
  • Beanspruche nicht, wegen deiner jahrelangen theologischen Ausbildung, Priesterweihe und/oder seelsorgerlichen Praxis über relevante Informationen über den Glauben zu verfügen. Das ist elitistisch, klassistisch, chauvinistisch, klerikalistisch und patriarchal.
  • Gestehe anderen nicht zu, auf Augenhöhe mit dir über den Glauben sprechen zu können, da dies bereits bedeutet, dass du deine Macht missbrauchst, um ihnen dieses Recht zuzusprechen. Das ist elitistisch, klassistisch, chauvinistisch, klerikalistisch und patriarchal.
  • Wirst du eines Machtmissbrauchs bezichtigt, tritt sofort von allen Ämtern zurück und gib alle Titel ab, ganz egal, ob der Vorwurf stimmt oder nicht, denn da er von einer Frau erhoben wird, stimmt er auf jeden Fall.

Ich hoffe, Bischöfen und Priestern guten Willens mit diesem Leitfaden eine praxisnahe und praxistaugliche, an der Lebensrealität orientierte Hilfestellung geben zu können, um in Achtsamkeit und Respekt safe spaces zu schaffen, in denen Frauen sich vom Trauma des Machtmissbrauchs befreien und endlich frei, proud und selbstbestimmt ihre Meinung sagen können, wie es ja durch 2000 Jahre Kirchengeschichte hindurch nie möglich und üblich war, da jede Frau, die ein Buch besaß sofort verbrannt wurde.

Weitere Infos findest du auf www.hilfe-ich-missbrauche-macht.eu. Bei konkreten Fragen in Konfliktsituationen, oder wenn du das Gefühl hast, eine Frau machtmissbraucht zu haben oder in Gefahr zu sein, es zu tun, wende dich gern an info@kaqfapocgm.de, oder auch direkt an die beiden Expert*Innen Laura Pia Lauchhügel (lauchpia@kaqfapocgm.de) oder Malte Fridolin Rübengipfel.