Miss Fisher #1: Das säkulare Märchen

Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, dass ich ein Fan von Miss Fisher’s Murder Mysteries bin. Diese unentschuldbare Vorliebe kann ich nicht rechtfertigen. Es ist einfach so. Die australische Krimiserie um eine Privatdetektivin im Australien der Roaring Twenties ist einfach köstlich, dabei leicht trashy, und vor allem für Liebhaber der Mode und Ästhetik der Zwanziger Jahre eine Augenweide. Abgesehen davon ist sie unannehmbar, aber egal. Nobody is perfect.

Zwei Dinge an Miss Fisher sind besonders kritikwürdig: Die Darstellung der Kirche und die der modernen Frau.

Den starken antikatholischen Touch der Serie ignoriere ich einfach. Schließlich bin ich weder Salafistin noch evangelikale Fanatikerin. Ich stelle mir einfach vor, dass es sich hier um eine Fantasiewelt handele, und lache über die Falschinformationen, die durch diese Serie gestreut werden. Aber leider ist die Sache doch ernster, als ich es einsehen möchte. Schließlich sind die antikatholischen Töne nur ein unerheblicher Nebengedanke der Serie. Keinesfalls hat jemand die Stories geschrieben in bewusster Absicht, hier irgendwen schlecht zu machen, zu hetzen oder antichristliche Vorurteile zu bedienen. Nein, hier handelt es sich einfach um die Wiedergabe dessen, was man als Gemeinplatz versteht – man ist natürlich der Ansicht, der katholische Glaube sei so, und deshalb bringt man das in humoriger Weise ein.

Hier habe ich über die Fehlkonzeption gebloggt, nach der die streng katholische Assistentin Miss Fishers höllische Angst vor Elektrizität hat. Eingeflößt vom irischen Priester, der ihr Elektrizität als dämonische Kraft verkauft hat. Nach einer Zeit der Abstinenz habe ich nun noch einmal alle Staffeln hintereinander geschaut (die Kirche sollte langsam eine Haltung zu Binge-Watching entwickeln und mal etwas Offizielles dazu herausbringen, hier lauert eine neue Gefahr für das Wohlergehen der Christgläubigen!) und nachdem ich in letzter Zeit gehäuft den Bullshit anhören musste, den Serien wie Miss Fisher verbeiten, möchte ich doch einmal exemplarisch auf die Gefahr hinweisen, die besteht, wenn Lügenmärchen über die Kirche als allgemein angenommener Fakt die Mehrheitsgesellschaft indoktrinieren.

In der letzten Folge der bisher letzten Staffel erhalten Wissenschaftler einen Preis wegen ihrer Forschung über das Weltall. Den Vortrag, in dem sie über die Ausdehnung des Universums referieren, stört lautstark der irische Priester. Bibelverse zitierend (und später den Wissenschaftler verprügelnd (!)) erweist er sich als Religiot: Die Welt sei in sechs Tagen erschaffen worden.

Nun hat die Art und Dauer der Erschaffung der Welt erst einmal gar nichts damit zu tun, ob sich das wie auch immer erschaffene Universum dann nun ausdehnt oder nicht. Und natürlich wissen gute Katholiken, dass die Big Bang-Theory unter anderem von einem Jesuitenpater formuliert wurde, dessen Forschung auch ziemlich unmittelbar vom Vatikan angenommen wurde. Anders als gerne dargestellt, ist die Kirche nämlich durchsetzt von extrem intelligenten und studierten Menschen, die Ahnung haben.

Ich finde es wirklich erstaunlich, dass der Griff ins Klo bezüglich der Mythen über die katholische Kirche so zielgerichtet genau die Bereiche betrifft, in denen sich die Kirche als Vorreiterin verdient gemacht hat. In anderen Bereichen, etwa politischen Entwicklungen, könnte man ja je nach Ideologie durchaus der Kirche vorwerfen, nicht auf der Höhe der Zeit gewesen zu sein (was sie zwar nicht anficht, aber trotzdem).

Wie dem auch sei, am Ende erklärt ein gerade zum Katholizismus konvertierter Polizist dem Priester mit Hilfe von Psalmversen, dass die Erschaffung der Welt durch Gott und ein sich ausdehnendes Universum kein Widerspruch sind – womit wir zum Kern des Problems kommen. Eigentlich projiziert die säkulare Welt nämlich mal wieder ihre eigenen Defizite auf andere. In einer gottfreien Weltanschauung gibt es nämlich keinen Platz für Gott. Darum kann sie Phänomene, die Gott als absolutes Wesen und als Person erkennbar machen, nicht einordnen. Wer also behaupten würde, Jesus begegnet zu sein oder eine Marienerscheinung erlebt zu haben, kann nur ein Spinner sein, denn in der Welt des Menschen ohne Gott gibt es keine andere Erklärung für auf Gott bezogene Phänomene als verwirrte Synapsen oder sonstige mentale Fehlleistungen. Die Idee, dass der katholische Glaube mit Wissenschaft so gar kein Problem hat, ja, dass er die Wissenschaft sogar zur Erkenntnisgewinnung über Gott einzusetzen erlaubt, das kann ins Bild nicht eingeordnet werden, ohne zu Inkongruenz zu führen. Denn wenn die Welt wissenschaftlich-rational betrachtet ohne Gott ist, dann muss die Anschauung, die Gott annimmt, den wissenschaftlich-rationalen Grundlagen meines Weltbildes doch entgegenstehen! Dagegen kommt der katholische Glaube aufgrund seiner Lehre mit von ihm abweichenden Ideen erstaunlich gut klar: Erbsünde, geschwächte Menschheit, zugleich der gute Kern, das ins Herz geschriebene Gesetz des Gewissens: Sowohl menschliche Fehlleistung als auch gottgemäßes Leben sowohl innerhalb als auch außerhalb des katholischen Bekenntnisses sind dem katholischen Weltbild gemäß darstellbar ohne die Menschen, die ein anderes Weltbild vertreten, als Spinner darstellen zu müssen (man kann es natürlich trotzdem tun *hust* und manchmal trifft es eben auch zu…). Somit wäre es in der Realität andersherum: Der Priester müsste dem jungen Neukatholiken erklären, wieso ein sich ausdehnendes Universum und der Vers der Bibel sich nicht im geringsten widersprechen.

Der aufmerksame Leser fragt sich vielleicht – antikatholisch? Wieso spielt dann ein frisch Konvertierter eine wichtige Rolle? Damit kommen wir zu Kritikpunkt Nr. 2: Die moderne Frau. Aber dazu später.